Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Guthaben aus Betriebskostenabrechnung. keine Anwendung des § 22 Abs 1 S 4 Halbs 1 SGB 2 bei nicht weitergeleiteten Betriebskostenvorauszahlungen
Orientierungssatz
1. § 22 Abs 1 S 4 Halbs 1 SGB 2 ist so zu verstehen, dass es sich um Rückzahlungen und Guthaben handelt, die im Verhältnis Hilfebedürftiger und Vermieter bestehen, denn bei anderer Auslegung ergibt die Regelung keinen Sinn, da der Hilfebedürftige gegenüber dem Grundsicherungsträger keinen Anspruch auf Rückzahlung von Unterkunftskosten haben kann. Ist tatsächlich ein Guthaben im Verhältnis Hilfebedürftiger und Vermieter nicht entstanden, ist richtigerweise von einem Rückzahlungsanspruch im Verhältnis Grundsicherungsträger und Hilfebedürftiger auszugehen, dessen Einbeziehung in den Anwendungsbereich der genannten Vorschrift von deren Wortlaut nicht gedeckt ist.
2. Hat ein Hilfebedürftiger die Betriebskostenvorauszahlungen nicht weitergeleitet, sondern - fahrlässig oder vorsätzlich - zweckwidrig verbraucht, wird ihm aus der Abrechnung der Betriebskosten weder ein Überschuss zurückgezahlt noch entsteht ein Guthaben. Dieses Verhalten stellt einen anderen Sachverhalt dar, der vom Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 S 4 Halbs 1 SGB 2 nicht erfasst wird.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.12.2009 geändert. Die Bescheide vom 21.05.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.06.2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 werden aufgehoben. Die Beklagte hat bereits mit der sich auf das Jahr 2007 beziehenden Betriebskostenabrechnung im Zusammenhang stehende einbehaltene Überzahlungen zu erstatten. Die Beklagte trägt die Verfahrenskosten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, im Zusammenhang mit den für das Jahr 2007 bewilligten Kosten der Unterkunft (KdU) Überzahlungen nach § 22 Abs. 1 Satz 4 des Sozialgesetzbuches (SGB) II für die Zeit ab Juni 2008 zu verrechnen.
Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Mit der Nebenkostenabrechnung vom 01.04.2007 forderte ihr Vermieter aufgrund der Abrechnung für das Jahr 2006 eine Erhöhung der monatlichen Nebenkostenpauschale um 25,00 EUR, da es für den Abrechnungszeitraum zu einer Nachzahlung von 279,92 EUR gekommen war. Dies teilte die Klägerin der Beklagten mit, die daraufhin die monatlichen Abschläge entsprechend erhöhte. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin monatlich KdU i.H.v. 213,54 EUR (Grundmiete), 50,00 EUR (Heizung) und 124,43 EUR (Betriebskosten), insgesamt also 387,97 EUR.
Ausweislich der Nebenkostenabrechnung vom 28.04.2008, die sich auf das Jahr 2007 bezieht, waren umlagefähige Nebenkosten i.H.v. 1.777,08 EUR entstanden. Die Klägerin hatte Vorauszahlungen i.H.v. 1.733,16 EUR erbracht, so dass sich gegenüber dem Vermieter eine Nachzahlung von 43,92 EUR ergab. Die Beklagte errechnete daraufhin, dass der Klägerin im Jahr 2007 insgesamt 2.003,16 EUR (50,00 EUR + 124,43 EUR x 12 Monate) gezahlt worden sind, so dass sich zu den an den Vermieter geleisteten Vorauszahlungen der Klägerin eine Überzahlung von 316,08 EUR errechnete. Diesen Betrag verringerte die Beklagte um den Anteil für Warmwasserkosten i.H.v. 28,43 EUR, so dass sie letztlich eine Überzahlung von 287,65 EUR feststellte.
Die Beklagte erließ daraufhin am 21.05.2008 für den Monat Juni 2008 einen Änderungsbescheid, mit dem sie der Klägerin 0,04 EUR KdU bewilligte. Diesen Betrag errechnete sie aus für den genannten Monat anzuerkennenden KdU i.H.v. 78,12 EUR zzgl. der Regelleistung von 347,00 EUR, insgesamt also 425,12 EUR. Dem wurde ein Einkommen der Klägerin aus Rente i.H.v. 425,08 EUR gegenübergestellt, so dass sich die Differenz von 0,04 EUR ergab. Die Änderung begründete die Beklagte damit, die Nachberechnung der Nebenkosten für das Jahr 2007 habe ergeben, dass der Vermieter entweder falsche Vorauszahlungen genommen habe oder die Klägerin nicht die gesamte Miete gezahlt habe. Das Guthaben von 287,64 EUR werde im Juni 2008 mit 284,65 EUR und im Juli 2008 i.H.v. 3,00 EUR mit den Leistungen verrechnet. Mit gleichem Datum erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid für die Monate Juli bis Dezember 2008, mit dem der Klägerin für den Monat Juli 2008 Leistungen i.H.v. 285,69 EUR und ab August 2008 i.H.v. 288,69 EUR bewilligt wurden.
Am 02.06.2008 sprach die Klägerin bei der Beklagten persönlich vor und bat um eine Verrechnung der Überzahlungen mit 30,00 EUR monatlich, da sie sonst ihren Lebensunterhalt nicht sicherstellen könne. Sie habe von den erhöhten Vorauszahlungen nichts gewusst, so dass sie nur die bisherigen Zahlungen an den Vermieter weitergeleitet habe. Sollte ihrer Bitte nicht stattgegeben werden, solle ihr Vorbringen als Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.05.2008 gewertet werden.
Daraufhin erließ die Beklagte für den Mon...