Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Berufsschutz. Berufskraftfahrer ohne regelrechte Berufsausbildung. Verweisbarkeit

 

Orientierungssatz

Zur Einordnung der Tätigkeit eines Berufskraftfahrers, der weder die regelrechte zweijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer noch die seit dem 1.8.2001 eingeführte dreijährige Berufsausbildung durchlaufen hat, in das Mehrstufenschema des BSG.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.07.2019; Aktenzeichen B 13 R 250/18 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.02.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger hat keinen Schulabschluss erlangt. Er durchlief von Herbst 1981 bis Dezember 1981 eine Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer und arbeitete seither in diesem Beruf. 1989 erlangte er den Gabelstaplerschein. Zuletzt war er seit dem 15.05.2002 bis zum 14.06.2012 als Kraftfahrer bei der Firma "L" in U abhängig beschäftigt. Seine dortige Tätigkeit bestand im Be- und Entladen und Fahren von LKW. Diese Tätigkeit setzte im Falle des Klägers das Vorliegen einer entsprechenden Fahrerlaubnis sowie eine Anlernzeit von 6 Monaten voraus, war körperlich mittelschwer mit dem Erfordernis teils schweren Hebens und erfolgte unter Kälteeinfluss. Der Kläger wurde während der gesamten Tätigkeit nach Lohngruppe 3 des Lohntarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen entlohnt. Seit dem 16.12.2010 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte gewährte dem Kläger stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zuletzt vom 21.09.2011 bis zum 14.10.2011 in C. Die Entlassung am 14.10.2011 erfolgte arbeitsunfähig. Der Kläger wurde ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichtes vom 17.10.2011 unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen für leichte körperliche Arbeiten arbeitstäglich sechs Stunden und mehr als leistungsfähig erachtet. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer könne nicht mehr ausgeübt werden.

Am 08.11.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung seines Antrages gab er an, u.a. unter Beschwerden seitens der Wirbelsäule, des linken Knies und der rechten Schulter sowie unter Bluthochdruck, Depressionen, einem chronischen Magenleiden und einem Karpaltunnelsyndrom beidseits zu leiden. Mit Bescheid vom 01.12.2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Dies sei ihm auch aufgrund seines beruflichen Werdegangs zumutbar. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob er aufgrund der ausgeübten Beschäftigung als Berufskraftfahrer Facharbeiterstatus genieße, da er auch auf Verweisungsberufe des gehobenen allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. als Registrator/Poststellenmitarbeiter oder Dienstwagenfahrer gesundheitlich zumutbar verweisbar sei. Hiergegen legte der Kläger am 09.12.2011 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen Bezug auf ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L vom 12.01.2012 nahm, wonach schon leichte Tätigkeiten im Haushalt nach kurzer Zeit starke Rückenschmerzen zur Folge hätten und der Kläger gehindert sei, mehr als 30 Minuten zu sitzen. Die therapeutischen Optionen seien ausgeschöpft, eine Besserung der Beschwerden und die Wiedererlangung zumindest dreistündiger Erwerbsfähigkeit seien nicht zu erwarten. Ergänzend führte der Kläger aus, aufgrund starker Schmerzen sei der Schlaf gestört, was zu Konzentrationsschwierigkeiten am Tage führe. Die Beklagte holte daraufhin ein ärztliches Sachverständigengutachten des Nervenarztes und Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. Dr. C vom 08.03.2012 ein. Dr. Dr. C diagnostizierte nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 08.03.2012 bei diesem das Vorliegen einer Anpassungsstörung mit depressiven Störungen, einer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, rezidivierender Lumboischialgien rechts und eines Karpaltunnelsyndroms und sah den Kläger in der Lage, regelmäßig noch körperlich und geistig leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen, unter Vermeidung von Zwangshaltungen und schwerem Heben und Tragen, arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer könne der Kläger unter Vermeidung von ständigem Heben und Tragen sowie von Zwangshaltungen noch arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2012 wies die Beklagte dem folgend den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge