Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfeanspruch trotz Möglichkeit zur Geschenk-Rückforderung. Unzulässiger Antrag auf Ausforschungsbeweis. Sozialhilfe. Nachrang der Sozialhilfe. Verschenkung von Vermögen an Angehörigen. Rückforderungsanspruch. Umfang. sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Rechtsanspruch auf Hilfe durch einen Dritten steht einem Sozialhilfeanspruch entgegen, wenn der Anspruch rechtzeitig durchzusetzen ist, d. h. wenn seine Verwirklichung umgehend möglich erscheint. Das gilt auch für die Rückforderung von Geschenken wegen Verarmung.
2. Der Ausforschungsbeweis ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht statthaft. Ein unzulässiger Antrag auf Ausforschungsbeweis liegt vor, wenn ihm die Bestimmtheit bei der Angabe der Tatsachen oder Beweismittel fehlt oder aber der Beweisführer für seine Behauptung nicht genügend Anhaltspunkte angibt und erst aus der Beweisaufnahme die Grundlage für seine Behauptungen gewinnen will.
Orientierungssatz
1. Zu den Leistungsverpflichtungen Dritter im Rahmen der Möglichkeiten der Selbsthilfe gem § 2 Abs 1 SGB 12 gehört grundsätzlich auch der Rückforderungsanspruch des Schenkers gegen den Beschenkten wegen Verarmung gem § 528 Abs 1 BGB.
2. Im Rahmen des Nachrangs der Sozialhilfe gem § 2 Abs 1 SGB 12 muss sich der Hilfeempfänger auch auf künftige Möglichkeiten zur Bedarfsdeckung verweisen lassen, soweit sie in angemessener Frist zu verwirklichen sind.
3. Ist der eingetretene Notbedarf im Rahmen des § 528 Abs 1 BGB geringer als der Wert des Geschenks, so kann nur ein zur Bedarfsdeckung jeweils erforderlicher Teil herausverlangt werden, dh bei wiederkehrendem Bedarf also wiederkehrende Teilleistungen.
4. Ein Rechtsanspruch auf Leistungen durch einen Dritten steht einem Sozialhilfeanspruch nur dann entgegen, wenn der Anspruch rechtzeitig durchzusetzen ist, dh, wenn seine Verwirklichung umgehend möglich erscheint und es sich deshalb um ein bereites Mittel der Selbsthilfe handelt (vgl BVerwG vom 25.6.1992 - 5 C 37/88 = BVerwGE 90, 245 = NJW 1992, 3312).
5. Der Ausforschungsbeweis ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht statthaft (vgl LSG Erfurt vom 25.1.2006 - L 1 U 998/02).
Normenkette
SGB XII § 2 Abs. 1 S. 1; BSGH § 2 Abs. 1 Fassung: 2003-11-14; BGB § 528 Abs. 1, § 529 Abs. 2; SGG § 103
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 01.09.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit ab Antragstellung mit dem 16.07.2003.
Der am 00.00.1927 geborene Kläger war bis Ende 1991 Inhaber der Firma Gebäudereinigung F "A.". Mit Vertrag vom 28.06.1991 veräußerte er dieses Unternehmen an seinen Sohn, Herrn S F. In dem Kaufvertrag waren u. a. folgende Regelungen getroffen:
"Der Käufer übernimmt sämtliche darlehensweise Verbindlichkeiten bis zum 30.06.1991, die in der Schlussbilanz zu diesem Stichtag ausgewiesen sind. Weitere Verpflichtungen, die sich auch auf das Privatvermögen des Veräußerers erstrecken, übernimmt der Erwerber nicht (§ 8)."
"Der Kaufpreis beträgt 120.000,00 DM zzgl. 14 % Mehrwertsteuer = 16.800,00 DM. Sollte bei der noch zu erstellenden Bilanz bis zum 30.06.1991 ein negatives Kapital mit veräußert werden, so erfolgt die Auszahlung des Kaufpreises unter Einbehaltung des negativen Kapitalbetrages. Ein Restkaufpreis ist nur dann an den Veräußerer zu entrichten, wenn ein evtl. negatives Kapital niedriger ist, als 120.000,00 DM oder dass ein Kapital auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen wurde.
Sollte das neue negative Kapital vom 30.06.1991 den Betrag von 120.000,00 DM überschreiten, wird an den Veräußerer kein Barpreis entrichtet. Bereits ausgezahlte a-conto-Zahlungen werden vom Veräußerer wieder zurückgefordert. Die Auszahlung des Kaufpreises erfolgt weiterhin unter Einbehaltung der bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Volksbank C (§ 12)."
"Die Vertragsparteien versichern, dass keine Nebenabreden getroffen wurden. Man ist sich darüber hinaus einig, dass Änderungen grundsätzlich der Schriftform bedürfen (§ 14)."
Zum Stichtag des 30.06.1991 bestand ein negatives Kapital i. H. v. 248.684,94 DM. Eine Ausgleichsklausel für Verluste, die über den vereinbarten Kaufpreis hinausgingen, enthielt der Kaufvertrag nicht.
Bis November 1998 waren der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn Eigentümer zu je einem Drittel eines Eigenheimes in C. Dieses wurde mit Vertrag vom 05.11.1998 zu einem Kaufpreis von 500.000,00 DM veräußert.
Mit Vertrag vom 24.09.1998 erwarben der Kläger, seine Ehefrau sowie seine Schwiegertochter, Frau D F, das Hausgrundstück P-Straße 00 in L zu einem Kaufpreis von 470.000,00 DM. Als Eigentümer wurden im Grundbuch Frau D F mit einem Anteil von 2/3 und die Eheleute G und J F mit einem Anteil von je 1/6 eingetragen.
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