Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Selbständige. Berechnung. Bemessungsgrundlage. Einkommensschwankung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Zur Berechnung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 9 S 1 BEEG einer freiberuflich tätigen Journalistin, deren Einkommen im steuerrechtlichen Veranlagungszeitraum sehr viel niedriger war als in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes.
2. Die Regelung des § 2 Abs 9 S 1 BEEG zur Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit vor der Geburt des Kindes verstößt nach Ansicht des erkennenden Sentas nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, weil die darin liegende Ungleichbehandlung von selbständig Tätigen und abhängig Beschäftigten durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt ist, insbesondere durch das Interesse der Allgemeinheit und damit auch der Elterngeldberechtigten an sparsamer und effektiver Verwaltung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln von 27.04.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten sich nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Elterngeld für Selbständige.
Die Klägerin ist Mutter des am 00.00.2007 geborenen Sohnes M. Sie ist seit dem Jahr 1993 als freiberufliche Journalisten tätig. Im Jahr 2004 gebar sie eine Tochter und nahm danach ihre selbstständige Tätigkeit wieder auf. Während des gesamten Jahres 2006 bis zur Geburt von M arbeitete sie als freiberufliche Journalistin.
Im Februar 2008 beantragte die Klägerin Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von M. Dem Antrag beigefügt waren der Steuerbescheid für das Jahr 2006 sowie eine von einer Steuerberaterin unterzeichnete Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.12.2007. Der Steuerbescheid wies für das Jahr 2006 Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 11.950,00 EUR aus. Die Gewinnermittlung ergab für die Zeit vom 1.1.2007 bis 31.12.2007 einen steuerlichen Gewinn von 35.504 EUR.
Mit Bescheid vom 06.03.2008 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 1. Lebensmonat in Höhe von 46,89 EUR, für den 2. Lebensmonat in Höhe von 144,14 EUR und ab dem 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von monatlich 649,84 EUR. Sie legte der Berechnung die Einkünfte der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2006 in Höhe von 11.950 EUR zugrunde, wie sie der Steuerbescheid ausgewiesen hatte. Davon zog der Beklagte 805 EUR Einkommensteuer, 72,45 EUR Kirchensteuer sowie Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 81,25 EUR, zur Krankenversicherung von 62,50 EUR sowie zur Pflegeversicherung von 7,08 EUR ab und ermittelte somit Nettoeinkünfte von 10921,72 EUR (Seite 17 Verwaltungsvorgang).
Mit ihren im März 2008 eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG könne keine Wirkung entfalten, wenn das Einkommen im steuerrechtlichen Veranlagungszeitraum sehr viel niedriger sei als in den zwölf Monaten vor der Geburt. Die gesetzliche Regelung führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Angestellten. Die gesetzliche Regelung müsse verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass zumindest ein weit höheres Einkommen im 12-Monats-Zeitraum vor der Geburt zugrundegelegt werden müsse.
Mit Bescheid vom 04.09.2008 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch unter anderem mit der Begründung zurück, dem Gesetzgeber stehe ein weiter Gestaltungsspielraum im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit zu. Eine Wahlmöglichkeit bestehe auch dann nicht, wenn die eine oder andere Fallvariante im Einzelfall günstiger sei.
Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Der Elterngeldberechnung sei der betriebliche Gewinn der Klägerin aus dem Jahr 2007 von 35.504,80 EUR zu Grunde zu legen.
Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 27.4.2009 hat das Sozialgericht die auf Gewährung höheren Elterngeldes ist unter Zugrundelegung des in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes erzielten Gewinns gerichtete Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht nach § 2 Abs. 9 S.1 BEEG die Einkünfte der Klägerin aus dem Jahr 2006 zu Grunde gelegt. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Zur Vermeidung von sehr hohem Verwaltungsaufwand sei es sachgerecht, für die Ermittlung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit auf den letzten Steuerbescheid und dessen Veranlagungszeitraum zurückzugreifen. Dabei sei unter anderem zu berücksichtigten, dass Einkommen und Arbeitszeitaufwand in den beiden Einkommensarten (selbstständige beziehungsweise nichtselbstständige Arbeit) Schwankungen unterlägen - insbesondere die Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Hinblick auf Auftragslage, Investitionen, Auflösung von Rückstellungen etc. Die gesetzliche Regelung sei für anspruchsberechtigte Selbstständige nicht durchgehend nachteilig.
Zudem sei der Rückgriff auf den letzten Steuer...