rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.01.2002; Aktenzeichen S 39 P 14/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.01.2002 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 02.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2001 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Leistungen der Pflegestufe II ab 01. Dezember 1999 entziehen durfte.

Der im Mai 1988 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einer geistigen Behinderung mit erheblichen Entwicklungsstörungen und gelegentlichen Krampfanfällen. Deshalb gewährte ihm die Techniker Krankenkasse (TK) mit Bescheid vom 16. August 1991 ab 01. Januar 1991 häusliche Pflegehilfe wegen Schwerpflegebe- dürftigkeit aus der gesetzlichen Krankenversicherung i. H. v. monatlich 400,00 DM. Anstelle dieser Leistung zahlte ihm die Beklagte ab 01. April 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe II.

Am 04. Mai 1995 ließ die Beklagte den Kläger in häuslicher Umgebung durch den MdK-Arzt Dr. L. untersuchen. Dieser bezifferte den täglichen Gesamtpflegebedarf in seinem Gutachten vom 10. Juli 1995 auf ca. 3 bis 4 Stunden. In einem weiteren Pflegegutachten vom 12. Juni 1997 führte der MdK-Gutachter Dr. M. aus, dass sich die Pflegesituation im Vergleich zum Vorgutachten nicht verändert habe. Der Pflegeaufwand für den inzwischen 9jährigen Kläger betrage im Grundpflegebereich 220 Minuten täglich (Körperpflege 100 Minuten, Ernährung 60 Minuten und Mobilität 60 Minuten).

Am 17. August 1999 ließ die Beklagte den 11jährigen Kläger in häuslicher Umgebung durch den MdK-Arzt W. untersuchen. Dieser legte in seinem Pflegegutachten vom 30. August 1999 dar, dass der Kläger in den letzten Jahren stetige Entwicklungsfortschritte gemacht und Teilselbständigkeiten erworben habe. Deshalb habe sich sein Hilfebedarf im Grundpflegebereich auf 89 Minuten täglich reduziert. Da ein gesundes 11jähriges Kind einen täglichen Hilfebedarf von 15 Minuten habe, sei beim Kläger im Grundpflegebereich ein Mehraufwand von 74 Minuten zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 15. September 1999 teilte die Beklagte der Mutter des Klägers mit, dass ab dem 01. Oktober 1999 nur noch Pflegegeld nach Pflegestufe I gewährt werde. Zur Begründung gab sie an, der Kläger habe sich weiterentwickelt und Teilselbständigkeiten erworben. Dadurch sei sein Grundpflegebedarf auf 74 Minuten gesunken. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen deshalb nicht mehr vor.

Dagegen erhob der Kläger am 01. Oktober 1999 Widerspruch und legte eine Auflistung vor, wonach sein täglicher Grundpflegebedarf 276 Minuten betrage.

Mit Bescheid vom 02. Dezember 1999, der an die Mutter des Klägers adressiert ist, nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 15. September 1999 wegen fehlender Anhörung zurück und "verlängerte" die Leistungen nach Pflegestufe II bis zum 30. November 1999. Gleichzeitig stufte sie den Kläger ab 01. Dezember 1999 in die Pflegestufe I zurück und führte aus, dass der Bescheid vom 15. September 1999 "als Anhörung" gewertet werde. Die Rückstufung sei zulässig, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten.

Nachdem die Mutter des Klägers die Pflegesituation nochmals geschildert und die Beklagte einen Bericht des niedergelassenen Kinder- und Jugendarztes Dr. A. aus H. vom 13. Dezember 2000 beigezogen hatte, holte sie Stellungnahmen des MdK-Arztes W. vom 08. und 15. Dezember 2000 ein. Dieser gab an, dass die Erkrankung des Klägers unverändert fortbestehe. Dennoch habe er Teilfähigkeiten erlernt und dadurch seinen Fremdhilfebedarf reduziert. Diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen lasse sich allerdings "nur sehr schwer" belegen, weil die Vorgutachten anders strukturiert seien und einen "deutlich geringeren Informationsgehalt" aufwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2001, der an die Mutter des Klägers gerichtet und dessen Absendedatum nicht aktenkundig ist, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück: Aus dem Pflegegutachten vom 30. August 1999 gehe hervor, dass sich der Pflegebedarf des Klägers im Vergleich zu den Vorgutachten wesentlich gemindert habe. Während früher alle pflegerelevanten Verrichtungen vollständig übernommen werden mussten, reiche es nunmehr aus, wenn der Kläger angeleitet, beaufsichtigt und unterstützt werde. Zudem sei er nicht mehr inkontinent, könne - nach mundgerechter Zubereitung - selbständig essen und müsse zum Turnen nicht mehr begleitet werden, weil er am Schulsport teilnehme.

Dagegen hat der Kläger am 16. Februar 2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und einen Grundpflegebedarf von 184 Minuten geltend gemacht.

Zur Sachaufklärung hat das SG zunächst einen Befundbericht des Kinder- und Jugendarztes Dr. A. vom 14. Mai 2001 angefordert, der eine Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse und des Pflegeumfangs verneinte.

Anschlie...

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