Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beginn der Mitgliedschaft. Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der Beschäftigung. Ausschluss eines Entgeltfortzahlungsanspruchs. Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis iSd § 186 Abs 1 SGB 5. Krankengeldanspruch
Orientierungssatz
1. Ein Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis iSd § 186 Abs. 1 SGB 5 liegt auch vor, wenn zum Zeitpunkt der geplanten Arbeitsaufnahme eine Freistellung von der Arbeit oder Arbeitsunfähigkeit bestehen. Bei Arbeitsunfähigkeit ist der Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis für den Beginn der Mitgliedschaft unabhängig davon maßgeblich, ob der Beschäftigte Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Der Wortlaut von § 186 Abs. 1 SGB V ordnet eine Einschränkung auf Versicherte mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht an.
2. Der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB 5 und speziell der Umfang des Krankengeldanspruchs beruhen auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Köln vom 29.07.2011 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 11.01.2008 und 09.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2009 verurteilt, Krankengeld für die Zeit vom 29.10.2007 bis zum 23.11.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Krankengeld für die Zeit vom 29.10.2007 bis 23.11.2007 (Gesamtbetrag 986,44 EUR).
Die am 00.00.1973 geborene Klägerin schloss am 17.10.2007 mit der Firma L-Warenhaus AG einen Arbeitsvertrag für Aushilfskräfte. Die Vertragsparteien vereinbarten eine Beschäftigung der Klägerin ab dem 29.10.2007 bis zum 31.12.2007 als Verkäuferin. Der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. O stellte am 22.10.2007 Arbeitsunfähigkeit vom 22.10.2007 bis 13.11.2007 und am 12.11.2007 weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit bis zum 23.11.2007 fest. Am 24.11.2007 nahm die Klägerin die Tätigkeit auf. Vor Aufnahme ihrer Beschäftigung war die Klägerin gemäß § 10 SGB V familienversichert.
Mit Bescheid vom 11.01.2008 lehnte die Beklagte den Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 22.10.2007 bis 23.11.2007 ab: Weil die Klägerin zum Zeitpunkt der vereinbarten Arbeitsaufnahme am 29.10.2007 arbeitsunfähig gewesen sei, sei ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht begründet worden. Bis zum 23.11.2007 bleibe die Familienversicherung erhalten, ein Anspruch auf Krankengeld werde hierdurch nicht begründet.
Mit einem am 29.04.2008 bei der Beklagten erstmals eingegangenen Schreiben legte die Klägerin einen Widerspruch vom 18.01.2008 gegen diese Entscheidung vor: Die zu Beginn der vereinbarten Beschäftigung bestehende Arbeitsunfähigkeit stehe gemäß § 186 Abs. 1 SGB V einer Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten als Beschäftigte nicht entgegen.
Mit Bescheid vom 09.05.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit dem Einleitungssatz "Wir haben erneut Ihren Widerspruch geprüft und sind zu folgendem Ergebnis gekommen " mit, dass sie keinen Anspruch auf Krankengeld habe. Nach Besprechungsergebnissen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 24./25.06.1998 und 17./18.09.1998 entstehe bei Arbeitsunfähigkeit die Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigte nach § 186 Abs. 1 SGB V mit dem Tag, an dem ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bestehe. Die Klägerin habe ab dem 29.10.2007 keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt. Eine Mitgliedschaft entstehe demnach erst ab dem Tag, an dem die Klägerin Arbeitsentgelt erhalten habe, somit ab dem 24.11.2007.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.01.2008 wies die Beklagte mit Bescheid vom 29.01.2009 sowohl als verfristet als auch in der Sache nicht begründet zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 12.02.2009 Klage erhoben. Sie hat weiterhin gemeint, die Arbeitsunfähigkeit stehe gemäß § 186 Abs. 1 SGB V einer Mitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigte ab 29.10.2007 nicht entgegen. Die Rechtsfigur des "missglückten Arbeitsversuchs" habe das BSG aufgegeben, aufgrund der seit 01.01.1998 gültigen Fassung des § 186 Abs. 1 SGB V sei für den Beginn der Mitgliedschaft als Beschäftigte in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erforderlich, dass die Arbeit tatsächlich aufgenommen wurde. Maßgeblich sei lediglich, dass ein bestimmter Tag für die Aufnahme der Beschäftigung vereinbart worden sei.
Die Klägerin hat erstinstanzlich schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.01.2008 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2009 zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 29.10.2007 bis 23.11.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung beginnt für den Fall, dass ein Versicherter zu...