Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsverfahren. Höhe der Rechtsanwaltsgebühren
Orientierungssatz
1. Nimmt ein Rechtsanwalt in zwei weiteren Widerspruchsverfahren nur auf das Vorbringen aus dem ersten Widerspruchsverfahren Bezug, ist der Ansatz eines Satzes von mehr als das 1,3 fache der Gebühr nicht gerechtfertigt und damit unbillig.
2. Die Voraussetzungen für den Ansatz eines höheren Satzes als das 1,3 fache der Gebühr ist nur dann gegeben, wenn die anwaltliche Tätigkeit sowohl als umfangreich, insbesondere aber als schwierig zu bewerten ist. Dabei kommt es nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Rechtsanwaltes an. Ebenso ist nicht entscheidend, welcher Rechtsmaterie der Streitgegenstand (hier: Vertragsarztrecht) zuzuordnen ist.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.03.2007 abgeändert. Die Klage wird hinsichtlich der Kostenerstattung in den gegen die Bescheide vom 28.04.2004 (Quartal IV/2003) und 25.04.2005 (Quartal IV/2004) geführten Widerspruchsverfahren abgewiesen. Hinsichtlich der Kostenerstattung in dem gegen den Bescheid vom 25.10.2004 (Quartal II/2004) geführten Widerspruchsverfahren wird die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte insgesamt weitere 109,62 EUR an den Kläger zu erstatten hat. Von den Kosten in erster Instanz tragen der Kläger 88 % und der Beklagte 12 %. Von den Kosten in zweiter Instanz tragen der Kläger 51 % und der Beklagte 49 %. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, in welcher Höhe dem Kläger in drei Widerspruchsverfahren entstandene Kosten zu erstatten sind.
Der Kläger ist Vertragsarzt mit Sitz in L. Mit Bescheiden vom 28.04.2004 (Quartal 4/2003), 25.10.2004 (Quartal 2/2004) und 25.04.2005 (Quartal 4/2004) setzte der Prüfungsausschuss gegen ihn Honorarkürzungen im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) fest.
Gegen die Bescheide vom 28.04.2004 und 25.10.2004 legte der Kläger jeweils selber Widerspruch ein; gegen den Bescheid vom 25.04.2005 wurde Widerspruch durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegt. Diese begründeten sodann den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.10.2004 (Schriftsätze vom 14.01.2005 und 20.06.2005). Diese Begründung machten sie sich auch in den Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Bescheide vom 25.04.2005 und vom 28.04.2004 durch Bezugnahme zu Eigen.
Nach Rücknahme der den Bescheiden vom 28.04.2004, 25.10.2004 und 25.04.2005 zugrundeliegenden Prüfanträge erklärte der Beklagte diese Bescheide für gegenstandslos und das Beschwerdeverfahren für erledigt.
Mit Bescheid vom 27.03.2006 (Sitzung vom 15.03.2006) entschied der Beklagte, dass dem Kläger die notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung in den jeweiligen Widerspruchsverfahren erstattet werden. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts erklärte er - im Hinblick auf die Schwierigkeit des Rechts der Wirtschaftlichkeitsprüfung - für erforderlich; den Gegenstandswert setzte er hinsichtlich des Quartals 4/2003 (Bescheid vom 28.04.2004) mit 3.882,95 EUR, hinsichtlich des Quartals 2/2004 (Bescheid vom 25.10.2004) mit 2.884,63 EUR und hinsichtlich des Quartals 4/2004 (Bescheid vom 25.04.2005) mit 3.928,49 EUR fest.
Der Kläger machte mit Kostennote seiner Bevollmächtigten vom 03.05.2006 zu erstattende Kosten in Höhe von insgesamt 2.038,70 EUR geltend. In Ansatz gebracht wurde darin für jedes Widerspruchsverfahren eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) mit 2,5fachen Satz (zuzüglich jeweils Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG i.H.v. 20,00 EUR und 16% Umsatzsteuer).
Der Beklagte setzte die zu erstattenden Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.05.2006 auf insgesamt 1.093,53 EUR fest. Er legte dabei jeweils eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG mit 1,3fachen Satz mit der Begründung fest, dass die Tätigkeit des Rechtsbeistandes nicht als umfangreich oder schwierig zu werten sei.
Mit am 12.06.2006 erhobener Klage hat der Kläger vorgetragen, der Ansatz der 2,5fachen Geschäftsgebühr sei gerechtfertigt, weil es sich um ein Widerspruchsverfahren mit umfangreicher Begründung und damit einhergehend detaillierter Auseinandersetzung und rechtlicher Würdigung der hieraus folgenden Konsequenzen gehandelt habe. Der Sachverhalt sei komplex und umfangreich gewesen, die Rechtsproblematik schwierig. Bei Vertragsarztrechtsangelegenheiten sei gerade wegen der Schwierigkeit der Materie die Ausschöpfung des Gebührenrahmens nach oben gerechtfertigt. Im Übrigen sei sein Bevollmächtigter Spezialist auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts.
Der Kläger hat beantragt,
den Kostenfestsetzungsbeschluss des Beklagten vom 18.05.2006 dahingehend abzuändern, dass die festgesetzte Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV, § 2 Abs. 2, 13, 14 RVG alte Fassung von 1,3 auf 2,5 angehoben und weitere 945,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrages geg...