Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente. Witwenbeihilfe. Kriegsbeschädigung. Rente eines ungarischen Versicherungsträgers. Doppelversorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 7 Abs. 2 BVG findet das BVG auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, keine Anwendung, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen. Diese Regelung, die eine Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln bei gleicher Ursache ausschließt, bezieht sich auf alle Personen, die als Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben. Ob der Versorgungsanspruch gegen den dritten Staat – hier: Ungarn – nach Art und Höhe den Leistungen des BVG entspricht, hat für den Ausschluss der Versorgung nach § 7 BVG keine Bedeutung.
2. Dem Ausschluss gegenüber der Witwe steht weder entgegen, dass dem Kriegsbeschädigten selbst Leistungen nach dem BVG gewährt worden sind, obwohl dieser wegen der Kriegsbeschädigung auch eine Kriegsinvalidenrente von einem ausländischen Versicherungsträger (hier: ungarischer Staat) bezogen hat, noch – mangels Bindungswirkung – die frühere Gewährung von Bestattungs- und Sterbegeld.
Normenkette
BVG §§ 64, 64e, 38, 48, 7 Abs. 2
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe als Teilversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1930 geborene in Ungarn lebende Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1926 geborenen und am 00.00.2001 verstorbenen ungarischen Staatsbürgers (S). Sie ist ungarische Staatsangehörige und ungarischer Volkszugehörigkeit.
S erlitt in Ausübung des Dienstes in der ungarischen Armee unter deutschem Kommando einen Bruch des rechten Oberschenkels. Wegen der Folgen der Kriegverletzung erkannte die Kreiskriegsfürsorgekommission T, Ungarn, S als Kriegsinvaliden an und bewilligte ihm eine monatliche Rente (Beschluss vom 30.11. 1946). Sein wegen der Folgen der Verwundung 1992 gestellter Antrag auf Gewährung von Versorgung nach dem BVG wurde zunächst mit Bescheid vom 17.06.1994 abgelehnt, weil S nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre. Auf seinen 1994 erneut gestellten Antrag hob der Beklagte nach Durchführung von Ermittlungen zur Volkszugehörigkeit des S und Einholung eines medizinischen Gutachtens mit Bescheid vom 05.09.1997 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren den Bescheid vom 17.06.1994 auf. Er gewährte Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vom Hundert (v.H.) unter Anerkennung der Schädigungsfolgen:
Narben im Bereich der rechten Gesäßgegend, des rechten Oberschenkels und des linken Beines. Verkürzung des rechten Beines von 8 cm nach unter Verbiegung verheiltem Oberschenkelbruch mit Beugebehinderung des rechten Kniegelenkes.
Am 01.10.2001 starb S ausweislich der Todesbescheinigung vom 01.10.2001 an Herzstillstand, dem ein akuter Herzmuskelinfarkt voran gegangen sei. Als Grundleiden ist in der Bescheinigung eine Kranzgefäßverkalkung, als Begleitleiden sind eine Embolie und Gerinnselbildung in den Arterien der unteren Extremitäten angegeben worden.
Am 12.11.2001 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenleistungen. Letzten Endes sei die Kriegsverletzung ursächlich für den Tod ihres Mannes. Bis zu seiner Pensionierung habe S die ungarische Kriegsinvalidenrente und danach Altersrente bezogen, in die die Kriegsinvalidenrente "eingebaut" worden sei. Der Klägerin wurden Bestattungs- und Sterbegeld (Bescheide vom 11.04.2002 und 12.04.2002) gewährt.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zum ursächlichen Zusammenhang des Todes des S mit den Schädigungsfolgen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.01.2003 die Gewährung von Witwenrente mit der Begründung ab, Hauptursache des Todes sei der akute Herzinfarkt bei Mangeldurchblutung der Herzkranzgefäße gewesen. Ein ursächlicher Zusammenhang des Todes mit den anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht gegeben. Mit weiterem Bescheid vom 14.01.2003 lehnte der Beklagte auch die Gewährung von Witwenbeihilfe ab, weil S durch die Folgen seiner Schädigung nicht gehindert gewesen sei, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und die dadurch hergeleitete Witwenrente nicht erheblich gemindert sei. Er habe den erstrebten Beruf des Bilanzbuchhalters erreicht. Die Akten enthielten keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine berufliche Tätigkeit schädigungsbedingt nicht hätte voll ausüben können oder vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin unter Übersendung einer Stellungnahme der Ärztin Dr. L (24.02.2003) geltend, S habe wegen der oft am rechten Bein aufgetretenen Thrombosen in ärztlicher Behandlung gestanden. Zu seinem plötzlichen Tod habe mit großer Wahrscheinlich...