Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Einkommenseinsatz. Kindergeld für im Haushalt lebende volljährige Kinder. Weiterleitung
Leitsatz (amtlich)
Kindergeld, das ein Leistungen nach dem SGB XII Begehrender an seine mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebenden erwachsenen Kinder "weiterleitet", ist bei ihm als Einkommen bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII).
Die Klägerin ist am 00.00.1959 in Afghanistan geboren. Sie reiste Anfang der 1980er Jahre mit ihrem Ehemann und der ältesten Tochter N (geb. 00.00.1976) nach Deutschland ein. Dort bekamen die Eheleute weitere vier Kinder: L (geb. 00.00.1983), X (geb. 00.00.1986), N (geb. 00.00.1992), E (geb. 00.00.1995) und I (geb. 00.00.1999).
Die Klägerin lebt seit April 2001 von ihrem Ehemann dauerhaft getrennt. Seit Juli 2013 verfügt sie über einen GdB von 60 ohne Merkzeichen. Sie erhält durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 04.06.2014 rückwirkend ab dem 01.08.2013 eine dauerhafte Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von zunächst 495,59 Euro (ab 01.10.2014 555,22 Euro) monatlich. Für die seit dem 01.01.2014 angemietete und mit den Töchtern N, E und I zusammen bewohnte Wohnung mit 91 m2 Wohnfläche fällt eine monatliche Gesamtmiete i.H.v. 850,00 Euro an.
Bis zum 30.09.2014 stand die Klägerin im (aufstockenden) Leistungsbezug beim Jobcenter C. Dieses berücksichtigte seit dem jeweiligen Studienbeginn das Kindergeld der Töchter N und E nicht mehr, sondern behandelte nur die Klägerin und die Tochter I als Bedarfsgemeinschaft und berücksichtigte als deren Bedarf die Hälfte der Wohnungsmiete.
Die Töchter N und E erhielten zunächst jeweils monatlich Bafög-Leistungen in Höhe von 422,00 Euro. Der Bezug von N endete im März 2015, seitdem erzielt sie Einkommen aus einem sogenannten Minijob. E hat zusätzlich seit April 2015 einen Minijob. Die Töchter N und E erhalten seit November 2014 zudem Wohngeld.
Die Klägerin erhielt für die Tochter N bis November 2017 Kindergeld, für die Töchter E und I dauert der Bezug an. Im Oktober bzw. November 2014 richtete sie einen Dauerauftrag zur Weiterleitung des Kindergeldes an ihre Töchter N und E ein. Diese überweisen seitdem den auf sie jeweils entfallenden Mietanteil i.H.v. 212,50 Euro direkt an den Vermieter.
Im September 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII, den die Beklagte durch Bescheid vom 10.12.2014 ablehnte. Ihr stehe als Einkommen neben der Rente auch das Kindergeld für die volljährigen Kinder zu. Dieses sei als Einkommen des Kindergeldberechtigten bei ihr und nicht bei den Töchtern zu berücksichtigen, sofern die Auszahlung durch die Familienkasse nicht unmittelbar an die Kinder erfolge.
Das Jobcenter setzte daraufhin die Leistungsgewährung über den 01.10.2014 hinaus fort und meldete bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an.
Die Anträge der Töchter E und N auf Abzweigung des Kindergeldes lehnte die Familienkasse durch Bescheide vom 21.01.2014 ab. Da diese im Haushalt der kindergeldberechtigten Klägerin lebten und durch die Haushaltsaufnahme Unterhalt in ausreichender Höhe gewährt werde, lägen die Voraussetzungen nach § 74 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) nicht vor. Hiergegen legte die Tochter N Einspruch ein, den die Familienkasse durch Einspruchsentscheidung vom 27.11.2014 als unbegründet zurückwies. Sodann stellte die Tochter N beim Finanzgericht L einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage (Az. 12 K 00/14). Dieses wies sie durch Richterbrief vom 11.03.2015 darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) eine Abzweigung nicht mehr in Betracht komme, wenn das Kindergeld bereits an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt worden sei. Denn in diesen Fällen sei der Anspruch erloschen. Gleichwohl gewährte das Finanzgericht - unter Annahme einer möglichen Fortsetzungsfeststellungsklage - am 17.04.2015 Prozesskostenhilfe und wies zugleich darauf hin, dass binnen zwei Wochen eine Klage zu erheben und ein Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen sei. Am 09.07.2015 teilte das Finanzgericht mit, dass der Hinweis unbeachtet geblieben und die angefochtene Einspruchsentscheidung in Bestandskraft erwachsen sei. Somit sei das Verfahren 12 K 00/14 erledigt.
Durch Bescheid vom 02.09.2015 lehnte die Familienkasse einen weiteren Abzweigungsantrag der Tochter N ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 07.10.2015 als unbegründet zurück. Den Widerspruch der Tochter E wies die Familienkasse durch Einspruchsentscheidung vom 03.11.2015 als unbegründet zurück. Die hiergegen zum Finanzgericht L erhobene Kl...