Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege für den Rechtsnachfolger. Vermögenseinsatz. keine Übernahme ungedeckter Heimkosten. kein fiktiver Vermögensverbrauch
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch nach § 19 Abs 6 SGB 12 setzt voraus, dass gegenüber dem verstorbenen Hilfebedürftigen die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen einer Leistungsgewährung erfüllt gewesen sein müssen.
2. Ein Hilfebedürftiger, der über einzusetzendes und verwertbares Vermögen iS des § 90 Abs 1 SGB 12 verfügt, hat keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege gem § 61 SGB 12.
3. Ein fiktiver Vermögensverbrauch ist im SGB 12 nicht zu berücksichtigen, auch nicht in den Fällen des § 19 Abs 6 SGB 12.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 1, 2 Nr. 9, Abs. 3, § 19 Abs. 6, 1-2, § 61
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.11.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger der verstorbenen Heimbewohnerin Frau X von dem beklagten Sozialhilfeträger Sozialhilfezahlungen für die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen für die Zeit vom 27.02.2008 bis zum 30.09.2008 gemäß § 19 Abs. 6 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII. Die Beteiligten streiten dabei über den fiktiven Verbrauch von Vermögen.
Die am 1946 geborene und 2009 verstorbene Frau X war in der Zeit vom 02.2008 bis zu ihrem Tod als Wachkomapatientin im H Haus in L untergebracht, das als Pflegeheim von dem Kläger betrieben wird. Sie erhielt bis zum 31.03.2008 Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe II und ab dem 01.04.2008 nach Pflegestufe III. Ihr 1927 geborener Ehemann Herr X verstarb am 09.2008.
Der Beklagte wurde am 15.11.2007 telefonisch durch die Bevollmächtigte der Verstorbenen, Frau T, darüber informiert, dass Frau X in absehbarer Zeit in ein Pflegeheim aufgenommen werden müsse. Sie bat den Beklagten um Informationen, welche Hilfe Frau X erhalten könnte, und stellte einen Antrag auf Übernahme der Heimkosten. Am 27.11.2007 übersandte der Beklagte entsprechende Unterlagen zur Beantragung von Sozialhilfe. Er wies die Bevollmächtigte in dem Anschreiben darauf hin, dass neben dem Einkommen auch das gesamte verwertbare Vermögen zur Deckung der Heimkosten einzusetzen sei. Neben weiteren Nachweisen seien daher "Nachweise über Rückkaufswerte eventuell bestehender Lebens- oder Sterbeversicherungen" dem Antrag beizufügen. Ein Vermögen sei bis zu einer Grenze von 2.600 EUR geschont. Solange wie ein Einkommens- und Vermögenseinsatz unterbliebe, stehe "das vorhandene Vermögen der Gewährung der beantragten Hilfe ständig aufs Neue entgegen". Dies gelte selbst dann, "wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum" decke. Bei Streit über die Einsetzungsverwertbarkeit des Vermögens sei es möglich, "dass am Ende eines Rechtsstreites Sozialhilfe nicht gewährt wird, obwohl das vorhandene einzusetzende Vermögen erheblich geringer ist als der Gesamtbedarf für die Dauer des Rechtsstreites". Diese nachteilige Folge könne nur vermieden werden, wenn "Einkommen und Vermögen rechtzeitig zur Deckung der Heimkosten eingesetzt werden".
Der Beklagte vereinbarte mit der Bevollmächtigten am 21.02.2008 telefonisch einen Beratungstermin für den 11.03.2008, in dem auch die "Antragsaufnahme" erfolgen sollte. Im Termin am 11.03.2008 reichte die Bevollmächtigte den Antrag auf Sozialhilfe nebst einem Teil der angeforderten Nachweise ein. Dabei wiesen bereits die Bankunterlagen in Form von Kontoauszügen und Depotauszügen einen Umfang von 100 Seiten auf. Der Beklagte forderte die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 12.03.2008 auf, noch fehlende Nachweise zu erbringen. Insbesondere seien Nachweise über die bestehenden Versicherungen erforderlich. Das Schonvermögen betrage nach Prüfung wegen des gesetzlichen Ehestands 3.214,00 EUR. Am 19.03.2008 reichte die Bevollmächtigte weitere Nachweise ein. Der Beklagte schrieb die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 10.04.2008 abermals an und forderte diese auf, Bescheinigungen über die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen bei der I Versicherung vorzulegen. Am 17.04.2008 und am 16.05.2008 reichte die Bevollmächtigte weitere Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 19.05.2008 forderte der Beklagte die Bevollmächtigte nach Sichtung der eingereichten Unterlagen auf, die von ihm aufgeführten noch ausstehenden Nachweise zu erbringen. Am 10.06.2008 und am 13.06.2008 gingen weitere Unterlagen bei dem Beklagten ein, unter anderem eine Mitteilung der T Versicherung über die Rückvergütung der dort bestandenen Lebensversicherung. Mit Schreiben vom 01.07.2008 teilte der Beklagte der Bevollmächtigten von Frau X mit, dass noch nicht alle Nachweise erbracht worden seien. Anhand der bislang vorliegenden Unterlagen sei jedoch eine Berechnung des Vermögensstandes der Verstorbenen vorgenommen worden. Aus den vorgelegten Unterlagen ergäben sich folgende Vermögenswerte:
Lebensversich...