Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der Altersrente bei Zusammentreffen mit Verletztenrente
Orientierungssatz
1. Übersteigt die Summe aus Altersrente aus eigener Versicherung und Verletztenrente aus der Unfallversicherung den nach § 93 Abs. 3 SGB 6 zu ermittelnden Grenzbetrag, ist die Altersrente um den den Grenzbetrag übersteigenden Differenzbetrag zu kürzen.
2. Die Regelung des § 93 SGB 6 verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Es handelt sich um eine verfassungskonforme Schrankenbestimmung der grundrechtlichen Eigentumsgarantie.
3. Die Vorschrift des § 93 SGB 6 verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Das Recht auf Verletztenrente und die Fruchtziehung daraus wird durch den Bezug der Altersrente nicht beeinträchtigt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.06.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Regelaltersrente ohne Anrechnung der von ihm bezogenen Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Aufgrund eines Arbeitsunfalls am 09.02.1956 erhielt und erhält der am 00.00.1940 geborene Kläger aus der gesetzlichen Unfallversicherung eine Verletztenrente bei einer MdE in Höhe von 50%. Die Höhe der monatlichen Zahlung beträgt seit dem 01.07.2003 785,35 EUR; ihr liegt ein Jahresarbeitsverdienst (JAV) von 28.272,56 EUR zugrunde. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Kläger etwas mehr als 10 Monate als jugendlicher Hilfsarbeiter bei der Firma X GmbH, X zu einem durchschnittlichen Arbeitsverdienst von 6,89 DM täglich als jugendlicher Hilfsarbeiter beschäftigt. Der mit Bescheid vom 21.07.1958 ab dem 19.04.1957 gewährten Verletztenrente wurde jedoch der fiktive JAV eines volljährigen Versicherten in der Höhe des Ortslohns mit einem Tagesarbeitsverdienst von 10,- DM zugrundegelegt. Schließlich hob die Berufsgenossenschaft den der Rentenberechnung zugrunde liegenden JAV mit Bescheid vom 08.06.1962 anlässlich des 21. Geburtstages des Klägers ab dem 27.10.1961 auf 7.939,36 DM an. Diese Festsetzung ging auf eine Auskunft der X GmbH zur voraussichtlichen Gehaltsentwicklung bei angenommener Weiterbeschäftigung des Klägers zurück und setzte voraus, dass der Kläger sich zum Musteranfertiger hätte "qualifizieren" können. Für diese Tätigkeit wurde ein Stundenlohn von 3,47 DM angegeben, für andere Hilfsarbeiten nur 2,82 DM. Der JAV von 7.939,36 DM wurde in der Folgezeit der gewährten Verletztenrente zugrunde gelegt.
Nach Genesung vom Unfall durchlief der Kläger ab April 1958 eine Uhrmacherlehre, nach deren Abschluss er an einem Ausbildungslehrgang für Elektrotechniker teilnahm. In der Folge war er - allein durch eine mehrmonatige Fachschulausbildung in den Jahren 1964 und 1965 unterbrochen - durchgängig versicherungspflichtig beschäftigt, um in den letzten Jahren der Beschäftigung Höchstbeiträge zu entrichten. Auf seinen Antrag hin bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.11.2005 in Höhe eines laufenden Zahlbetrages von 1.380,01 Euro. Diesen errechnete sie entsprechend der Vorschrift des § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wie folgt: Den sich aus der Anwendung der Vorschriften über die Rentenberechnung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Bruttorentenbetrag von 2.059,84 Euro addierte die Beklagte zum Zahlbetrag der Unfallrente von 785,35 Euro abzüglich der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz von 242,00 Euro, also zu 543,35 Euro auf eine Summe von 2.603,19 Euro. Die Bruttorente minderte sie um die Differenz aus dieser Summe und dem Mindestgrenzbetrag von 2.059,84 Euro, also um 543,35 Euro. Den Bruttozahlbetrag der Altersrente reduzierte sie sodann um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Den hiergegen am 05.10.2005 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass es in seinem Fall durch die Anwendung des § 93 SGB VI zu einer unangemessenen Härte komme. Zunächst sei aufgrund des Arbeitsunfalls, der sich im Rahmen der Berufsausbildung ereignet habe, eine lediglich geschätzte Rente angesetzt worden. Diese habe ausschließlich auf dem Mindestjahresarbeitsverdienst beruht und dementsprechend die zu erwartende berufliche Entwicklung und auch Gehaltssteigerungen aufgrund der Ausbildung und des später möglichen beruflichen Einsatzes nicht berücksichtigt. Folglich passe sich der tatsächliche Anteil der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung seinem tatsächlichen immateriellen Schaden nicht hinreichend an. Aufgrund des Unfalls im Rahmen der Berufsausbildung sei es zudem zu einer verzögerten Aufnahme der Berufstätigkeit gekommen, da er, der Kläger, sich zunächst einer längeren stationären Behandlung habe unterziehen und sodann noch einmal 3 ½ Jahre in eine weitere Berufsausbildung habe investieren müssen. Während dieses Zeitraums habe er keine nennenswerten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen können, so dass ...