Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammentreffen von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Berechnung der Verletztenrente. Ermittlung des Grenzbetrags. Jahresarbeitsverdienst. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Anrechnung einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung darf der Rentenversicherungsträger keine eigene Berechnung der richtigen Verletztenrente durchführen.

2. Bei der Ermittlung des Grenzbetrags nach § 93 Abs 3 S 1 SGB 6 muss der Rentenversicherungsträger den tatsächlich vom Unfallversicherungsträger herangezogenen Jahresarbeitsverdienst heranziehen.

3. Es verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz, dass auch dann, wenn das Unfallereignis lange zurückliegt, der seinerzeitige Jahresarbeitsverdienst vor dem Unfallereignis maßgebend ist.

 

Orientierungssatz

1. Zu dem unter 3. gebildeten Leitsatz vgl LSG München vom 28.7.2006 - L 16 R 399/05.

2. Die Entscheidung des Gesetzgebers, diejenigen Versicherten zu privilegieren, die bei hohem Einkommen auch hohe Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl LSG Essen vom 15.10.2008 - L 8 R 197/07).

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das Berufungsverfahren betrifft die Höhe einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).

Der 66-jährige Kläger bezieht seit März 1967 eine Unfallrente (Teilrente) von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau), die auf ein Unfallereignis am 06.12.1966 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung zurückgeht. Die Unfallrente beruht nicht auf eigener Beitragsleistung; die Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt 20 v.H., der zu Grunde liegende Jahresarbeitsverdienst ab 01.07.2007 28.551,10 EUR und ab 01.07.2008 28.865,16 EUR.

Am 22.01.2008 beantragte der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab April 2008. Mit Rentenbescheid vom 13.03.2008 gewährte die Beklagte diese Rente ab 01.04.2008 in Höhe von monatlich 1.329,06 EUR netto. In Anlage 7 des Rentenbescheids führte die Beklagte die Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente gemäß § 93 SGB VI durch.

Mit Schreiben vom 02.04.2008 legte der Kläger Widerspruch ein. Er bemängelte, die Anrechnung der Unfallrente sei verfassungswidrig, da das Gesetz für ihn eine Benachteiligung insoweit darstelle, als er zu dem Personenkreis zähle, der einen Arbeitsunfall in jungen Jahren erlitten hätte. Zudem sei der Jahresarbeitsverdienst von der BG falsch übermittelt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 25.08.2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er lediglich vorgetragen, der Jahresarbeitsverdienst sei nicht ordnungsgemäß ermittelt, so dass der tatsächliche Auszahlungsbetrag falsch sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 13.03.2008 entspreche den Vorgaben von § 93 SGB VI. Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, den Rentenzahlbetrag der Unfallrente sowie den zu Grunde liegenden Jahresarbeitsverdienst abweichend von der BG Bau festzulegen. Im Übrigen habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, was an der Berechnung falsch sein sollte.

Berufung eingelegt hat der Kläger am 09.04.2009. Er hat das Rechtsmittel nicht begründet.

Einen Sachantrag hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht gestellt. Es ist jedoch anzunehmen, dass er begehrt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 26. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2008 zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat von einer gesonderten Begründung abgesehen.

Mit Beschluss vom 22.07.2009 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Berichterstatter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat.

Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen ihres Fernbleibens enthal...

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