Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Prüfungskompetenz des Gerichts bei einer von der Kassenärztlichen Vereinigung verhängten Disziplinarmaßnahme

 

Orientierungssatz

1. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Hierzu ist in § 81 Abs. 5 S. 2 SGB 5 eine Stufenfolge disziplinarrechtlicher Maßnahmen normiert. Die Verhängung der jeweiligen Maßnahme knüpft dabei an die Intensität des vertragsärztlichen Pflichtenverstoßes an.

2. Die gerichtliche Überprüfung von Disziplinarmaßnahmen der KV beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Überlegungen hat leiten lassen.

3. Die Prüfungskompetenz des Gerichts ist darauf beschränkt, ob der Disziplinarausschuss rechtlich zutreffend eine schuldhafte Nichterfüllung vertragsärztlicher Pflichten angenommen hat und ob die Maßnahme ermessensfehlerfrei ausgewählt wurde.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.09.2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, die seit 1982 in F als praktische Ärztin niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, wendet sich gegen eine Disziplinarmaßnahme.

Der Vorstand der Beklagten beschloss zunächst am 19.01.2000 wegen nicht ordnungsgemäßer Abrechnungslegung sowie wegen Verstoßes gegen die Dokumentationspflicht und sodann am 17.05.2000 wegen fortgesetzt unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen I/1996 bis II/1999, gegen die Klägerin Disziplinarverfahren einzuleiten. Der Disziplinarausschuss der Beklagten (Disziplinarausschuss) hörte die Klägerin an (Schreiben vom 23.02.2000 und 11.07.2000) und lud sie nachfolgend zur mündlichen Verhandlung (Schreiben vom 18.12.2000, Postzustellungsurkunde vom 19.12.2000).

In der Sitzung vom 17.01.2001, zu der die Klägerin nicht erschien, setzte der Disziplinarausschuss wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten eine Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM gegen die Klägerin fest (Bescheid vom 13.02.2001). Zur Begründung führte der Disziplinarausschuss im Wesentlichen aus, in allen Quartalen I/1996 bis II/1999 seien vom Prüfungsausschuss bestandskräftig gewordene Honorarkürzungen gegen die Klägerin festgesetzt worden. Deren fortgesetzte unwirtschaftliche Behandlungsweise gebiete zwingend disziplinarische Maßnahmen. Nicht das unwirtschaftliche Verhalten der Klägerin in einem Quartal, sondern die Uneinsichtigkeit in Bezug auf das Gebot einer wirtschaftlichen Behandlungsweise, die aus den regelmäßig überhöhten Honorarforderungen folge, mache die Sanktionierung des Abrechnungsverhaltens erforderlich. Ein Vertragsarzt, der trotz wiederholter bestandskräftig gewordener Kürzungsmaßnahmen, Hinweise und Beratungen das unwirtschaftliche Abrechnungsverhalten fortsetze, gebe zu erkennen, dass er die gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften nicht gegen sich geltend lassen wolle und nicht bereit sei, sich in das geltende Kassenarztsystem einzufügen. Die Klägerin sei im Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28.07.1998 (Quartal I/1998) darauf hingewiesen worden, dass eine fortgesetzt unwirtschaftliche Behandlungs- und Verordnungsweise als eine vertragsärztliche Pflichtverletzung zu werten sei und zu disziplinarischen Maßnahmen oder in schweren Fällen sogar zur Entziehung der Zulassung führen könne. Zudem habe am 05.05.1999 ein Beratungsgespräch wegen des äußerst überhöhten Ansatzes der Nrn. 10 (hausärztliches Gespräch), 60 (Gesamtkörperstatus) und 2022 (Ulcus crusis-Behandlung) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) stattgefunden. Die Klägerin habe auch schuldhaft gehandelt, weil sie sich trotz der wiederholt ausgesprochenen Kürzungen über Jahre hinweg nicht darum bemüht habe, ihr Abrechnungsverhalten an dem gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise auszurichten. Sie hätte in Kenntnis der Beanstandungen der Prüfgremien sich entweder um eine wirtschaftliche Behandlungsweise in der Folgezeit bemühen oder, wenn sie die Auffassung der Prüfgremien nicht zu akzeptieren bereit gewesen sei, eine gerichtliche Klärung herbeiführen müssen. Auch der Hinweis im Prüfbescheid vom 28.07.1998 auf mögliche Konsequenzen einer fortgesetzt unwirtschaftlichen Behandlungsweise habe die Klägerin offensichtlich nicht beeindruckt. Angesichts der teilweise außerordentlich hohen Überschreitungen der Fachgruppendurchschnitte in einzelnen Leistungssparten über zahlreiche Quartale hinweg sowie der Tatsache, dass die ausgesprochenen Kürzungsmaßnahmen ihr Ziel, die Ärztin für ein gesetzmäßiges Verhalten zu gewinnen, nicht erreicht hätten, sei die Festsetzung einer Geldbuße unverzichtbar. Der Klägerin sei mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen, dass sie sich für eine weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als ungeeignet erweisen werde, wenn sie sich auch künftig nic...

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