Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des Sonderbedarfs
Orientierungssatz
1. Der gemeinsame Bundesausschuss kann nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB 5 für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze Vorgaben beschließen, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind. Angeordnete Zulassungssperren dürfen nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung verschließen.
2. Nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB 5 erfordert die Anerkennung eines Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes und eines dementsprechenden Versorgungsbedarfs.
3. Das Gericht ist nicht befugt, anstelle der Kassenärztlichen Vereinigung die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung selbst zu prüfen.
4. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des den Zulassungsinstanzen zustehenden Beurteilungsspielraums darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein zutreffend ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob der Zulassungsausschuss die Ermessensgrenzen eingehalten hat und ob er seine Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 03.02.2014 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Beschlüsse vom 25.08.2010 und 23.01.2013 verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin gegen die Bescheide des Zulassungsausschusses vom 24.11.2009 und 23.08.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 2/3, die Klägerin zu 1/3 mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des Sonderbedarfs mit vollem, hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag.
Der Klägerin wurde im Juli 1997 die Approbation verliehen. Seit Februar 2007 ist sie im Ärzteregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen. Sie ist Fachärztin für Chirurgie, Schwerpunkt Unfallchirurgie. Am 14.06.2007 hat sie die Zusatzbezeichnung Handchirurgie nach einer dreijährigen Weiterbildungszeit und Ablegen einer mündlichen Prüfung erworben. Grundlage war die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein vom 31.12.1994 nebst § 20 Abs. 6 der Weiterbildungsordnung von 2005.
Die Klägerin ist als Oberärztin in der Allgemeinen, Unfall- und Handchirurgischen Abteilung des St. X-spitals in F tätig. Im Falle der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beabsichtigt sie die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaft mit den Gesellschaftern der Praxisgemeinschaft Dr. C und Dr. S mit dem Praxissitz L-straße 00 in C.
Der Planungsbereich Kreis C wurde aufgrund einer Überversorgung für den Bereich Chirurgie durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gesperrt. Im August 2011 betrug der aktuelle Versorgungsgrad in diesem Bereich 170,4 v.H. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung 2014 lag der Versorgungsgrad bei 183,4 v.H., 2015 bei 164,6 v.H. Der ehemalige Chefarzt der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie des St. N-Hospital C Dr. Z war zur Erbringung handchirurgischer Leistungen ermächtigt, soweit nicht das Krankenhaus gemäß § 115 b SGB V befugt ist, die entsprechenden Leistungen zu erbringen. Aktuell ist der neue Chefarzt Dr. K entsprechend ermächtigt.
Im August 2008 beantragte die Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des Sonderbedarfs. Zur Begründung wies sie u.a. darauf hin, dass im Rahmen der qualifizierten Handchirurgie Leistungen in dem in einer Entfernung von mehr als 30 km von C gelegenen Ort W erbracht würden. Außerdem machte sie einen besonderen Versorgungsbedarf im Rahmen der Durchführung ambulanter Operationen zum Zwecke der Bildung einer Schwerpunktpraxis geltend. Mit Beschluss vom 24.11.2009 lehnte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster den Antrag der Klägerin auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Sonderbedarfsfeststellung ab.
Gegen diesen Beschluss erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass handchirurgische Fachkompetenz in der Nähe zum geplanten Vertragsarztsitz lediglich in W und F vorgehalten würde. Die Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu diesen Orten betrage weit mehr als eine Stunde. Die Handchirurgie sei aufgrund der dreijährigen Weiterbildung nicht nur als Zusatzbezeichnung sondern als Schwerpunkt/fakultative Weiterbildung anzuerkennen bzw. zu berücksichtigen.
Nach Beiziehung der Durchschnittsfallzahlen der Gruppe der Chirurgen im Kreis C sowie der Fallzahlliste der Behandler im Bereich Chirurgie im Kreis C und Einholung einer Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) sowie nach Prüfung der von Dr. M, St. N-Krankenh...