Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis einer ernsthaften Zahlungsverpflichtung des grundsicherungsberechtigten Mieters zur Bewilligung von Leistungen der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Bei verwandtschaftlicher Verbundenheit des Grundsicherungsberechtigten als Mieter mit dessen Vermieter muss Ersterer zur Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 einer ernsthaften und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung des Vermieters ausgesetzt sein (BSG Urteil vom 3. 3. 2009, B 4 AS 37/08 R).
2. Hat der mit dem Grundsicherungsberechtigten verwandte Vermieter nach den Angaben beider Parteien des Mietvertrags die zu zahlende Miete über Jahre hinweg gestundet, so fehlt es an dem Nachweis einer ernsthaften Zahlungsverpflichtung des Leistungsberechtigten. In einem solchen Fall ist die Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 zu versagen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 22.7.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kosten der Unterkunft i.H.v. 100 EUR pro Monat für die Zeit vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2019.
Der im Haus seiner Eltern wohnende Kläger bezieht - mit geringfügigen Unterbrechungen - seit dem 1.1.2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Eltern sind an dem Grundstück, auf dem sich das Haus befindet, erbbauberechtigt. Jedenfalls bis zum Jahr 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in wechselnder Höhe von ca. 100 bis 130 EUR. Im weiteren Verlauf forderte die Beklagte vom Kläger mehrfach die Vorlage der Belege über die tatsächlich an seine Eltern zu zahlenden Neben- und Wärmekosten an. Der Kläger hatte vorgetragen, er trage die Heiz- und Nebenkosten des Hauses seiner Eltern zu einem Drittel.
Für die Zeit ab dem 1.1.2019 beantragte der Kläger am 29.11.2018 die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II. In seinem Antrag gab er an, dass ihm monatliche Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft in Form von Nebenkosten in Höhe von ca. 60 EUR und Heizkosten in Höhe von ca. 40 EUR entstehen würden. Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben des Klägers mit "Hinweisen zum SGB II Antrag vom 29.11.2018". Darin verwies der Kläger für die Belege zu den Wohnungskosten auf die bereits eingereichten Unterlagen im Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 30.6.2013. Da die Nachweise für den Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2019 für die tatsächliche Kosten erst im Jahr 2020 vorgelegt werden könnten und auf dieser Grundlage sowieso immer eine Neuberechnung wegen der schwankenden Verbräuche und der steigenden Energiekosten erfolgen müsse, könnten auch ältere Nachweise, z.B. aus dem Jahr 2010/2011 zum Ansatz gebracht werden. Das Jobcenter habe dies bereits in der Vergangenheit so praktiziert und - trotz der vorliegenden aktuellen Belege - die veralteten Belege von vor zwei Jahren zugrunde gelegt. Zudem könnten die Kosten der Unterkunft mittels einer vorläufigen Zahlung (Überweisung) eines angemessenen Pauschalbetrages von 100 EUR erfolgen. Die etwaig zu viel gezahlten Leistungen könnten ohne Weiteres zurückgefordert werden.
Dem Antrag beigefügt war eine Bestätigung der Eltern des Klägers vom 28.11.2018, wonach zwischen ihnen und dem Kläger eine Vereinbarung nach § 550 BGB bestehe. Diese habe den Inhalt, dass der Kläger sich zu einem Drittel an den entstehenden Heiz- und Nebenkosten zu beteiligen habe. Es werde darüber hinaus bestätigt, dass diese anteiligen Kosten des Klägers ab dem 1.1.2017 gestundet würden, da die Beklagte diese nicht mit Bescheid vom 30.12.2016 bewilligt habe. Als Mitglieder der Gemeinschaft würden sie somit ab dem 1.1.2017 genötigt, den Anteil des Klägers mitzutragen und würden dementsprechend in Sippenhaft genommen. Der Kläger erhalte seit dem Jahr 2005 Leistungen nach dem SGB II. Von den Eltern seien mehrere Rentabilitätsberechnungen eingereicht und zuletzt durch die Beklagte mit Bescheid vom 25.4.2012 Leistungen i.H.v. 135,12 EUR endgültig bewilligt worden. Die von dem Kläger benannte Abschlagszahlung von 100 EUR könne daher ohne weiteres erfolgen. Nach Erhalt der Zahlungen würden die erst im Jahr 2020 zugehenden Nachweise über die tatsächlichen Kosten für das Jahr 2019 noch vorgelegt.
Mit Bescheid vom 4.12.2018 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs für die Zeit vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2019 in Höhe von damals 424 EUR pro Monat. In Bezug auf die Kosten der Unterkunft erfolgte keine Leistungsbewilligung.
Hiergegen erhob der Kläger am 2.1.2019 Widerspruch und verwies auf die seinem Antrag beigefügten Unterlagen.
Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin am 8.1.2019 auf, bi...