Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt im Hochsauerlandkreis in Nordrhein-Westfalen. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Vergleichsraumbildung
Orientierungssatz
Die Bildung eines Vergleichsraumes mit unterschiedlichen Preiszonen - Wohnungsmarkttypen - bei der Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 in Wege einer Clusteranalyse durch den Grundsicherungsträger im Hochsauerlandkreis für das Jahr 2014 ist nicht zu beanstanden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.10.2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 60 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für die Zeit von Januar bis Mai 2014.
Die 1974 geborene Klägerin bezieht seit Dezember 2008 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Beklagte gehört dem Beigeladenen - dem I - an. Das Gebiet des Beigeladenen umfasst eine Fläche von 196.017 qm und hat ca. 262.075 Einwohner (Stand 30.06.2017; http://hochsauerlandkreis.de/buergerservice/17/statistik/bevoelkerungszahlen/Bevoelkerungszahlen2017 1.Halbjahr.pdf.media/78424/Bevoelkerungszahlen2017 1.Halbjahr.pdf?ajaxsearch=1). Er setzt sich aus zwölf Kommunen zusammen - Arnsberg (74.141 Einwohner), Bestwig (10.933), Brilon (25.610), Eslohe (8.848), Hallenberg (4.479), Marsberg (19.709), Medebach (7.917), Meschede (30.068), Olsberg (14.654), Schmallenberg (25.036), Sundern (27.952), Winterberg (12.728). Von den Kommunen nehmen sieben Kommunen - Arnsberg, Brilon, Marsberg, Schmallenberg, Sundern, Winterberg, Meschede - die Funktion eines Mittenzentrums wahr (vgl. Liste der Ober- und Mittelzentren in Nordrhein-Westfalen, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste der Ober- und Mittelzentren in Nordrhein-Westfalen). Mittelzentren übernehmen die Versorgung mit Gütern und Diensten des gehobenen Bedarfs (Fachärzte, Kaufhäuser, Kinos, kulturelle Angebote, Krankenhäuser, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Schwimmbäder, weiterführende Schulen und Berufsschulen) und sie sollen mit dem öffentlichen Verkehr in maximal 45 Minuten erreichbar sein (http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Raumentwicklung/Raum-entwicklungDeutschland/Projekte/Archiv/ZentraleOrte/ZentraleOrte.html?nn=411742). Das Gebiet des Beigeladenen ist durch drei Eisenbahnstrecken, mehrere Schnellbus-Linien und Regional-Schnellbusse erschlossen, wobei für den gesamten öffentlichen Nahverkehr der Tarif des Regionalverkehrs Ruhr-Lippe GmbH gilt. Die Busse verkehren in der Woche alle 60 Minuten. An zentralen Verknüpfungspunkten wird der Anschluss an andere regionale Buslinien oder den Schienenverkehr sichergestellt. Das Gebiet wird durch drei Bundesautobahnen und mehrere Bundestraßen erschlossen.
Ab dem 01.08.2013 setzte der Beigeladene als Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt im Gebiet der Beklagten einen Betrag i.H.v. 299,50 Euro monatlich fest. Die Angemessenheitsgrenze beruhte auf einem von der Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH (im Folgenden Analyse & Konzepte) in dessen Auftrag erstellten "Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Hochsauerlandkreis Endbericht Juli 2013" (im Folgenden Konzept 2013).
Analyse & Konzepte geht methodisch davon aus, dass es zulässig ist, das Gebiet eines kommunalen Leistungsträgers in seinen kommunalverfassungsrechtlichen Grenzen als Raum der Datenerhebung (Vergleichsraum) festzulegen, auch wenn innerhalb dieses Gebietes kein einheitlicher Wohnungsmarkt besteht. Wegen der Heterogenität des Wohnungsmarktes innerhalb des Datenerhebungsraums bildet Analyse & Konzepte mittels des statistischen Verfahrens der multivariaten Clusteranalyse regionale bzw. strukturell homogene Untereinheiten, die so genannten Wohnungsmarkttypen. In den Wohnungsmarkttypen werden anhand festgelegter Kriterien Gebiete vergleichbarer Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Datenerhebungsraum zusammengefasst und sodann die für die Kosten der Unterkunft geltenden Angemessenheitsgrenzen für jeden dieser Wohnungsmarkttypen gesondert ermittelt. Das Konzept von Analyse & Konzepte geht dabei davon aus, dass im Falle der erforderlichen Kostensenkung ein Umzug nicht notwendig innerhalb des eigenen Wohnungsmarkttyps erfolgen muss, und der Leistungsberechtigte beim Umzug nicht an die Angemessenheitsgrenzen des Wohnungsmarkttyps gebunden ist, in dem er unangemessen wohnt. Die Angemessenheitsprüfung für eine neu anzumietende Wohnung soll jeweils auf Basis der Werte des Wohnungsmarkttyps erfolgen, in dem sich die Alternativwohnung befindet, selbst wenn dies bedeutet, dass der Leistungsberechtigte in eine Wohnung umzieht, die zwar nach dem am Zuzugsort geltenden Maßstab angemessen, tatsächlich aber teurer als die Ursprungswo...