Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Klage auf Feststellung eines niedrigeren Pflegebedarfs
Orientierungssatz
1. Die Höhe des nach dem Heimvertrag für einen Pflegebedürftigen zu zahlenden Leistungsentgelts richtet sich regelmäßig nach der festgestellten Pflegestufe. Wendet sich der Pflegebedürftige gegen eine Zuvielzahlung der vollstationären Pflege nach einer seiner Ansicht nach zu hoch eingestuften Pflegeklasse, so ist eine solche Klage als negative Feststellungsklage zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht selbst dann, wenn das klägerische Interesse allein auf die damit einhergehende Verringerung des Heimentgelts gerichtet ist.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG in Herabstufungsfällen ist es wegen der Schätzungsbandbreite nicht gerechtfertigt, bei einem Unterschreiten der jeweiligen Pflegestufe um nur wenige Minuten die Leistung herabzusetzen.
3. Als Maßstab für die Bemessung des zeitlichen Mindestaufwands für den Pflegebedarf ist auf eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation und den Aufwand einer ungeschulten Pflegeperson zurückzugreifen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Duisburg vom 25.11.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für jeden Rechtszug auf 1.841,09 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner Mutter im Hinblick auf die Höhe der Pflegeheimkosten die Feststellung einer niedrigeren Pflegestufe.
Er ist der Sohn und alleinige Erbe der am 00.00.1913 geborenen und am 00.07.2006 verstorbenen N T (Versicherte). Diese lebte seit dem 17.03.2005 im B-Seniorenzentrum des im Berufungsverfahren beigeladenen Heimträgers. Die Versicherte war bei der beklagten " Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen" (GVP) privat pflegeversichert. Sie litt im streitigen Zeitraum im Wesentlichen an einem Zustand nach Schlaganfall im Januar 2005 mit kompletter Halbseitenlähmung rechts und Inkontinenz nach einem Harnwegsinfekt, der Entwicklung einer vaskulären Demenz, einer sensomotorischen Aphasie, einem Parkinsonsyndrom und einer weitergehenden richtungsweisenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Ernährt wurde sie mittels PEG (Magensonde), im Übrigen wurde sie mittels Blasenkatheter versorgt.
Die Beklagte gewährte der Versicherten auf ihren Verschlimmerungsantrag vom 13.05.2005 ab dem 01.05.2005 Leistungen im Wege der Kostenerstattung für vollstationäre Pflege nach der Pflegestufe II (Schreiben vom 20.06.05). Einen weiteren Verschlimmerungsantrag vom 27.07.2005 auf Zuordnung zur Pflegestufe III lehnte die Beklagte ab (Schreiben vom 05.09.05). Der Kläger beantragte für seine Mutter mit Schreiben vom 30.01.2006 die Überprüfung der bisherigen Einstufung in die Pflegestufe II, weil sich das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit der Versicherten aufgrund einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auf unter 120 Minuten verringert habe. Die Pflegesituation habe sich verbessert.
Die Beklagte lehnte nach Einholung zweier Gutachten durch die N Wuppertal (Gutachten Dr. X vom 20.02.2006 und X1 vom 29.04.2006) die Zuordnung zu einer niedrigen Pflegestufe ab (Schreiben vom 08.05.2006), weil die Sachverständigen bei der Versicherten einen Grundpflegebedarf von 135 bzw. 142 Minuten täglich festgestellt hätten.
Der Kläger hat am 31.10.2006 beim Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Seine Mutter habe ab Januar 2006 nur Hilfe im Umfang der Pflegestufe I benötigt. Die Gutachten der N seien offenbar unrichtig. Der Hilfebedarf bei den Einzelverrichtungen sowohl der Grundpflege wie auch der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu hoch angesetzt worden. So habe beispielsweise der tägliche Zeitaufwand für die Mundpflege lediglich drei, statt neun Minuten und für das Kämmen der pflegeleichten Kurzhaarfrisur eine Minute täglich statt vier Minuten betragen. Der Transfer zum Toilettenstuhl sei überflüssig gewesen, so dass die hierfür aufgeführten vier Minuten nicht gerechtfertigt seien. Das Umlagern sei täglich nur elf Mal erfolgt, so dass hier nur 22 statt 24 Minuten angefallen seien. Beim "An- und Auskleiden" seien wegen des hinten offenen Nachthemdchens nur drei statt acht Minuten in Ansatz zu bringen. Insgesamt habe sich im Bereich der Grundpflege ein anrechenbarer Zeitbedarf von insgesamt nur 119 Minuten ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Versicherte N T für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 05.07.2006 als Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I einzustufen und ihr dementsprechend Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die N-Gutachten für zutreffend erachtet.
Das SG hat einen Befundbericht des Hausarztes der Versicherten Dr. H eingeholt. Dieser hat einen erheblichen Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege (Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden) angenommen. Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlag...