Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. Kommune. unzumutbare Belastung. erheblicher Personalabbau. Nachweis
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich kann auch bei Kommunen die unzumutbare Belastung der Inanspruchnahme nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG beachtlich sein. Die fehlende Konkursfähigkeit des Gemeindevermögens ist kein sachgerechtes Kriterium, Kommunen von vornherein von der Befreiungsmöglichkeit auszuschließen.
2. § 128 Abs 2 Nr 2 AFG enthält neben der Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens auch die Gefährdung verbleibender Arbeitsplätze als Ausschlußtatbestand - eine Konkretisierung, die unterhalb der Grenze der Existenzgefährdung liegt. Eine "unzumutbare Belastung" iS der Vorschrift kann nur angenommen werden, wenn durch die Erstattungspflicht ein weiterer Personalabbau droht, der im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten und im Hinblick auf die bisher erledigten Aufgaben ins Gewicht fällt. Ein Personalabbau von ca 2 vH über einen Zeitraum von 2 Jahren bzw 1 vH je Haushaltsjahr wird nicht als erheblich angesehen.
3. Allein die rechnerische Gegenüberstellung der Gesamterstattungsforderung mit den Kosten je Arbeitsplatz, belegt für sich noch nicht die Gefährdung auch von konkreten Arbeitsplätzen in dieser Größenordnung. Eine solche Rechnung läßt sich mit jeder zusätzlichen Belastung der Kommune anstellen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen des § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) um die Erstattung von zuletzt insgesamt 66.651,30 DM für die Zeit vom 27.03.1995 bis 31.10.1996.
Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis mit dem am ...1936 geborenen Arbeitnehmer A... S... durch Auflösungsvertrag zum 31.12.1994. Der Arbeitnehmer S... war seit dem 06.10.1964 als Angestellter bei der Feuerwehr beschäftigt gewesen. Die Beklagte gewährte Herrn Sch nach Eintritt einer Sperrzeit ab dem 27.03.1995 Arbeitslosengeld in Höhe von anfangs 486,-- DM wöchentlich für maximal 760 Leistungstage.
Mit Bescheid vom 24.04.1995 verlangte die Beklagte die Erstattung des Herrn Sch gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ab dem 27.03.1995 für längstens 624 Tage. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Erstattungspflicht könne u.a. dann entfallen, wenn die Erstattung für den Arbeitgeber eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der wirtschaftliche Bestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet würden. Sie, die Klägerin, könne ohne drastische Einsparung, insbesondere im Personalbereich, auf Jahre hinaus keine Haushaltskonsolidierung erreichen. Sie habe ihre Personalausgaben im Jahr 1995 auf 33,5 Millionen DM begrenzen müssen. Dieser Ansatz sei bis 1998 festgeschrieben. Dies bedeute bis 1999 einen Abbau von rund 62 Stellen. Wenn hierdurch keine nennenswerten Einsparungen erreicht werden könnten, müsse die Frage der betriebsbedingten Kündigungen stärker als bisher diskutiert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die Erstattungspflicht seien im Falle des Herrn S... erfüllt. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine Befreiung von ihrer Erstattungspflicht nach § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFG stützen. Auch die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechtes unterliege der Erstattungspflicht nach § 128 AFG. Die Härteklausel des § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFG finde jedoch bei öffentlich rechtlichen Arbeitgebern keine Anwendung.
Am 09.08.1995 hat die Klägerin beim Sozialgericht G... Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Ausnahmevorschrift des § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFG finde auch auf kommunale Arbeitgeber Anwendung. Durch die Erstattung seien die nach Durchführung des derzeit laufenden Personalabbaus bei ihr -- der Klägerin -- verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet. Infolge der Erstattung drohe ein zusätzlicher Personalabbau, der im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten und im Hinblick auf die bisher erledigten Aufgaben ins Gewicht falle. Bei ihr seien etwa 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Erstattungsforderungen der Beklagten insgesamt beliefen sich auf 750.000,-- DM. Bei durchschnittlichen Personalkosten in Höhe von jährlich 75.000 DM pro Arbeitnehmer ergäben sich somit 10 Arbeitsplätze, die abgebaut werden müßten, um die Erstattungsforderung aufzufangen.
Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte mit zwei Leistungsbescheiden vom 11.08.1995 und 30.11.1995 die Erstattung von Arbeitslosengeld und Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 27.03.1995 bis 30.09.1995 in Höhe von insgesamt 20.748,65 DM geltend gemacht.
Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.04.199...