Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fahrkostenübernahme. Eigenbeteiligung. ambulante Strahlentherapie. keine Beschränkung auf erste und letzte Fahrt
Orientierungssatz
Die Zuzahlungspflicht eines Versicherten zu Fahrkosten zu und von den Behandlungsterminen im Rahmen einer ambulanten Strahlentherapie ist nicht auf die erste und die letzte Fahrt beschränkt, sondern besteht für jede einzelne Fahrt.
Normenkette
SGB V § 60 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2-3, § 61 S. 1, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12; Krankentransport-Richtlinien § 8 Abs. 2 S. 2, § 10 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.11.2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu einem Drittel. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Fahrkosten in Anspruch.
Der am 00.00.2009 verstorbene Versicherte litt unter einer Tumorerkrankung, war bei der Beklagten bis zum 30.04.2008 gegen das Risiko Krankheit versichert und lebte mit seiner Ehefrau, der Klägerin, in einem gemeinsamen Haushalt.
In der Zeit von März 2006 bis Juni 2006 befand sich der Versicherte in strahlentherapeutischer Behandlung der Praxis Dr. M in M. In diesem Zeitraum nahm er 47 Behandlungstermine in Anspruch (Entfernung vom Wohnort des Versicherten: 14,39 km - behandelnder Arzt: Dr. D). Einen zu Beginn der strahlentherapeutischen Behandlung bei der Beklagten im Rahmen einer mündlichen Unterredung gestellten Antrag des Versicherten auf Übernahme der entstehenden Fahrkosten hatte die Beklagte zuvor mündlich abgelehnt. Darüber hinaus wurde der Kläger während seiner Mitgliedschaft in der Zeit vom 19.11.2007 bis 24.04.2008 durch die Ärzte für Hämatologie und Onkologie Dres. Q (Entfernung vom Wohnort des Versicherten: 21,32 km - 16 Behandlungstermine) chemotherapeutisch behandelt. Sämtliche Fahrten führte der Versicherte mit einem Pkw durch, den die Klägerin steuerte.
Am 20.08.2008 beantragte der Versicherte unter Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen die Erstattung der für die Wahrnehmung der ambulanten strahlen- und chemotherapeutischen Behandlungen entstandenen Fahrkosten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab und führte aus, dass der Versicherte die Fahrkostenübernahme nicht vorab bei ihr beantragt habe (Bescheid vom 26.08.2008).
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Versicherte im Wesentlichen geltend, dass er bereits zu Beginn der Strahlentherapie im Jahr 2006 mit einem Mitarbeiter das Verfahren der Fahrkostenerstattung besprochen habe. Während dieser wie auch anlässlich einer späteren Unterredung habe man ihm unzutreffenderweise mitgeteilt, dass ihm für ambulante Behandlungen in keinem Fall ein Anspruch auf Fahrkostenübernahme zustehe.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass der Versicherte für jede einzelne Fahrt Zuzahlungen zu leisten habe, der Zuzahlungsbetrag jedoch den Erstattungsbetrag übersteige (Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008).
Im Klageverfahren hat die Klägerin den Rechtsstreit nach dem Ableben des Versicherten aufgenommen. Sie hat - ebenso wie zuvor der Versicherte - vorgetragen: Bei der hier gegebenen Serienbehandlung dürfe die Beklagte eine Zuzahlung lediglich für die erste und letzte Fahrt erheben. Dies ergebe sich aus einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung des § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ginge man demgegenüber davon aus, dass auch bei Serienbehandlungen jede einzelne Fahrt zuzahlungspflichtig wäre, liefen die Regelungen zur Fahrkostenübernahme angesichts der in der Regel geringen Entfernungen der behandelnden Ärzte von den Wohnorten der Versicherten in der Praxis leer.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2008 zu verurteilen, an sie 315 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Verweis auf einen mit dem Bundesversicherungsamt (BVA) und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) geführten Schriftverkehr an ihrer in dem angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung festgehalten. Einzuräumen sei jedoch, dass die hier streitige Frage nicht einheitlich beantwortet werde.
Durch Urteil vom 18.11.2011 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die durchgeführten Serienbehandlungen u.a. angesichts der langen Behandlungsdauer, dem z.T. unterschiedlichen Behandlungscharakter und der verschiedenen Behandler nicht einer stationären Behandlung gleichzusetzen seien. Daher bleibe es dabei, dass für jede einzelne Fahrt des Versicherten eine Zuzahlung zu erheben gewesen sei. Die von der Beklagten zu erhebende Zuzahlung von 5,00 Euro habe jedoch den an sich gegebenen Erstattungsbetrag überschritten.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung (Beschl...