Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. Härte. Erschwerung einer angemessenen Lebensführung oder der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 8 SO 1/17 R
Orientierungssatz
1. Eine angemessene Lebensführung würde nur dann wesentlich erschwert iS des § 90 Abs 3 S 2 SGB 12, wenn das Vermögen notwendig wäre, um einen auch nach sozialhilferechtlichen Maßstäben billigenswerten, bereits vor der Hilfebedürftigkeit bestehenden Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Dies setzt regelmäßig voraus, dass das Vermögen geeignet ist, die angemessene Lebensführung auf längere Dauer zu sichern.
2. Die Verschonung eines Vermögens zur Alterssicherung nach § 90 Abs 3 S 2 SGB 12 kann jedenfalls dann, wenn Sozialhilfe voraussichtlich auf Dauer gewährt werden muss, nicht verlangt werden, wenn der Hilfebedürftige es ohne die Sozialhilfe zur Aufrechterhaltung seines Lebensunterhalts benötigen würde.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 1, 2 Nrn. 2-3, 8-9, Abs. 3 Sätze 1-2, §§ 2, 9 Abs. 2, § 19 Abs. 3, §§ 53-54, 61, 97 Abs. 1-2; SGB IX § 55 Abs. 2 Nrn. 6-7; SGB II § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6; SGB X § 24 Abs. 1, § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; SGB I § 33; BSHG § 88 Abs. 3; SGG § 54 Abs. 2, 4, § 112 Abs. 2 S. 2; DVO § 90; SGB XII; AG-SGB XII NRW §§ 1, 2 Abs. 1 Buchst. a; AV-SGB XII NRW § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. 1, § 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Köln vom 15.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Lebensversicherung des Klägers als Vermögen einzusetzen war und daher der Beklagte im Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.01.2014 keine Sozialhilfeleistungen zu leisten verpflichtet war.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger leidet seit Geburt an einer schweren Tetraspastik. Festgestellt sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und Nachteilsausgleiche (aG, RF und H). Der Kläger, der in die Pflegestufe III eingeordnet ist, ist durchweg auf Assistenz angewiesen.
Der Kläger ist als beamteter Studienrat in L in Vollzeit beschäftigt (Bruttobezüge im April 2013 i.H.v. 4257,22 EUR). Seine persönliche Assistenz (Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel und Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII)) wird im sogenannten Arbeitgebermodell durchgeführt. Ab März 2011 erhielt der Kläger, ohne dass der Beklagte hierüber einen schriftlichen Bescheid erlassen hätte, monatliche Abschlagszahlungen vom Beklagten i.H.v. 9600 EUR, wobei der Beklagte einen monatlich vom Kläger zu leistenden Eigenanteil i.H.v. 677 EUR berücksichtigte.
Im Rahmen einer Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers reichte der Kläger Unterlagen ein, aus denen sich ergab, dass er über eine Kapitallebensversicherung bei den DEVK-Versicherungen (Rückkaufswert am 31.03.2012 i.H.v. 15.821,84 EUR bei Einzahlungen des Klägers von Oktober 2002 bis März 2012 i.H.v. rund 22.000 EUR; Auszahlungsbetrag später am 07.11.2013 i.H.v. 20.717,17 EUR bei eingezahlten Beiträgen i.H.v. 24.073,08 EUR) und einen Bausparvertrag bei der LBS Westdeutsche Landesbausparkasse (Bausparguthaben am 31.12.2012 i.H.v. 1.754,48 EUR) verfügte.
Mit Schreiben vom 24.05.2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sich abzüglich des Vermögensschonbetrags ein einzusetzendes Vermögen in Höhe von 14.976,30 EUR ergebe. Es gebe zwei Varianten, wie weiter verfahren werden könne. Der Kläger könne den Betrag als Kostenbeitrag an den Beklagten überweisen oder es finde eine Verrechnung des vorhandenen Vermögens mit den Sozialhilfekosten der nächsten Monate statt. Der Kläger solle mitteilen, wie hier verfahren werden solle. Darauf reagierte der Kläger nicht.
Mit Bescheid vom 14.06.2013 teilte daraufhin der Beklagte mit, dass er die Hilfegewährung ab dem 01.07.2013 einstellen werde. Es gelte der Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe zum Schutze des Allgemeinwohls. Der Kläger verfüge unter Berücksichtigung des Freibetrags von 2600 EUR über Vermögen, welches i.H.v. 14.976,30 EUR über der Freigrenze liege und nicht geschützt sei. Gründe, die im Einsatz des Vermögens eine besondere Härte erkennen ließen, gebe es nicht.
Der Kläger legte Widerspruch ein. Trotz vollständiger Erwerbsunfähigkeit übe er eine volle Stelle als Lehrer aus, was eine zu würdigende Sondersituation darstelle. Von seinem Gehalt setze er monatlich 1.000 EUR für die Assistenz ein, auch unterhalte er einen Pkw. Sowohl die Lebensversicherung als auch der Bausparvertrag dienten der Aufstockung seiner Pensionsbezüge, um seinen gesellschaftlichen Status zu erhalten. Würde er nicht arbeiten, müsste der Beklagte sämtliche Kosten übernehmen. Er werde für seinen Einsatz gestraft.
Der Beklagte wies den Widerspruch ...