Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung

 

Orientierungssatz

1. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB 2 setzt die Notwendigkeit einer Ernährung aus medizinischen Gründen voraus, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist.

2. Hierzu müssen gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, die eine von der Vollkost abweichende, besondere Ernährung erfordern, wie z. B. Niereninsuffizienz, konsumierende Erkrankungen, Erkrankungen mit gestörter Nährstoffaufnahme oder Nährstoffauswertung, Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Histaminintoleranz.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.03.2012; Aktenzeichen B 14 AS 251/11 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.11.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für März 2005.

Im März 2005 beantragte der am 00.00.1961 geborene, alleinstehende Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, u.a. einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Er legte u.a. ein nervenfachärztliches Attest von Dr. G vom 15.03.2005 vor, wonach folgende Diagnosen gestellt wurden: Cervikobrachialgie, Schultersteife, LWS-Syndrom, diffuse statische Wirbelsäuleninsuffizienz, Somatisierungsstörungen, Spannungskopfschmerz, neurasthenisches Syndrom, vasomotorischer Kopfschmerz, HWS-Syndrom, eine vertebrobasiläre Insuffizienz, allergische Diathese, ein Crampi, Fibromyalgie sowie multiple degenerative Knochen-/Gelenksveränderungen. Wegen der chronischen therapierefraktären Krankheitsbilder sei der Kläger dauerhaft nicht in der Lage, irgendeiner geregelten Erwerbsfähigkeit nachzugehen. Im vorgelegten Allergiepass vom 11.11.1999 bescheinigt die Internistin Dr. E, dass der Kläger gegen Analgetika überempfindlich sei und eine Kontaktallergie gegen Amalgam, Paraben Mix und Perubalsam bestehe.

Durch Bescheid vom 07.04.2005 bewilligte die Stadt W dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.03. bis 30.04.2005 in Höhe von insgesamt 674,58 EUR mtl ... Durch Bescheid vom 21.04.2005 gewährte die Stadt W dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2005 in Höhe von 674,58 EUR mtl. (345,- EUR Regelleistung + 329,58 EUR Kosten der Unterkunft). Die Kosten der Unterkunft und Heizung setzten sich aus der Grundmiete 210,02 EUR abzüglich einer Garagenmiete von 20,42 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 33,48 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 106,50 EUR zusammen.

Der Facharzt für Innere Medizin L3 kam nach amtsärztlicher internistischer, orthopädischer und nervenärztlicher Untersuchung im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 17.06.2005 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger keine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Er sei für leichte, vorwiegend sitzende Tätigkeiten für mehr als drei Stunden täglich arbeitsfähig, wobei eine eingeschränkte psychische Belastbarkeit bestehe. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen stattfinden. Auszuschließen seien Staub, Rauch- und Dampfbelastung. Einen Wohnraummehrbedarf oder Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ergebe sich aus den Erkrankungen nicht. Der Amtsarzt Dr. E stimmte dem Ergebnis zu. Durch Bescheid vom 21.09.2005 lehnte die Stadt W den Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ab.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, dass angesichts der bei ihm bestehenden zahlreichen Allergien eine ganz spezielle und somit kostenintensive Krankenkost erforderlich sei. Er legte ein Attest von Dr. G vom 21.12.2005 vor, wonach wegen einer umfassenden Medikamentenallergie beim Kläger eine medikamentöse Behandlung der bereits im Attest vom 15.03.2005 aufgeführten Krankheitsbilder dauerhaft nicht möglich sei. Nach Auswertung der sozialmedizinischen Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung kam der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit L am 19.05.2006 zu dem Ergebnis, dass im Vordergrund der leistungseinschränkenden Gesundheitsstörungen beim Kläger eine seelische Störung mit körperbetonten Beschwerden stehe. Es bestehe eine Allergiebereitschaft mit Allergie auf Antibiotika, Schmerzmittel, Hausstaubmilbe, Katzenhaare und Schimmelpilze. Diesbezüglich Allergene sollten gemieden werden. Im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 03.08.2006 führte der Facharzt für Innere Medizin L3 mit Zustimmung des Amtsarztes Dr. E aus, dass der Kläger aufgrund der Ergebnisse zahlreicher Allergietestungen im Wesentlichen gegen Inhaltsstoffe von Kosmetika, Schmerzmittel, Hausstaubmilben, Schimmelpilze sowie zahnärztlichem Füllungs- und Abformmaterial allergisch sei. Im Bereich der Nahrungsmittel gebe es lediglich schwach positive Testergebnisse gegenüber Haselnuss, Anis und...

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