Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die betriebliche Voraussetzung der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz bei der Umwandlung eines Volkseigenen Betriebs in eine GmbH

 

Orientierungssatz

1. Eine Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz verlangt u. a. als betriebliche Voraussetzung, dass der Betroffene am 30. 6. 1990 in einem Volkseigenen Betrieb (VEB) im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war.

2. Die betriebliche Voraussetzung ist danach zu beurteilen, wer am 30. 6. 1990 Arbeitgeber des Beschäftigten im rechtlichen Sinn gewesen ist. Damit kommt es entscheidend darauf an, in welchem Betrieb i. S. von § 41 Abs. 1 ArbGB der Werktätige am 30. 6. 1990 beschäftigt war. Das BSG knüpft die Arbeitgebereigenschaft an die Rechtsträgerschaft an, die erst mit der Eintragung der Nachfolge-Kapitalgesellschaft ins Handelsregister auf diese übergeht. Maßgeblich ist damit für die Rechtsnachfolge ausschließlich der Zeitpunkt der Eintragung der Nachfolge-GmbH, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 3/09 R.

3. Wurde die Nachfolgekapitalgesellschaft des VEB vor dem Stichtag 30. 6. 1990 in das Handelsregister eingetragen, so hat der VEB am 30. 6. 1990 als Rechtsvorgänger der eingetragenen GmbH nicht mehr bestanden. Damit ist die GmbH Nachfolgerin des umgewandelten Betriebs und infolgedessen Arbeitgeber des Beschäftigten geworden. Fehlt es in einem solchen Fall an der erforderlichen betrieblichen Voraussetzung, so ist eine Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz zu verneinen.

 

Normenkette

AAÜG § 8 Abs. 2, 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 1, § 1 Abs. 1 S. 1; ArbGB § 41 Abs. 1; UmwVO § 7 S. 2, § 2 Abs. 1 S. 1; SpTrUG § 12 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 2, § 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4.8.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1.3.1975 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte hat.

Der am 00.00.1952 in der ehemaligen DDR geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur (Fachhochschule -FH-). Ihm wurde mit Urkunde vom 26.2.1975 die Berufsbezeichnung Hochschul-Ingenieur zuerkannt. Mit Urkunde vom 9.2.1993 wurde ihm die Berechtigung zuerkannt, den Grad Diplom-Ingenieur (FH) zu führen. Er war unter anderem vom 1.3.1975 bis 18.1.1980 als Fertigungstechnologe im Volkseigenen Betrieb (W) Werkzeugmaschinenfabrikunion H und vom 21.1.1980 bis Juni 1990 als Objektverantwortlicher im W Elektronik H tätig, der aus zwei räumlich getrennten Betriebsteilen bestand, die sich in H und Q befanden. Als Objektverantwortlicher hatte er regelmäßig mit dem Betriebsteil in Q zu tun. Sein Arbeitsplatz befand sich entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung in H. Am 12.6.1990 erklärten der W Elektronik H und die Anstalt der treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (Treuhandanstalt), den W Elektronik H in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, nämlich die F-GmbH mit Sitz in H und die C-GmbH mit Sitz in Q umzuwandeln. Eingetragen wurden die F-GmbH am 27.6.1990 in das Handelsregister des Amtsgerichts H unter HR B 0110 und die C-GmbH in das Handelsregister des Amtsgerichts Neuruppin unter HRB 935 OPR. Der W Elektronik H wurde aufgrund der am 3.7.1990 eingetretenen Beendigung der Rechtsfähigkeit im Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes H von Amts wegen gelöscht. Bei einer Beschäftigung über den 30.6.1990 hinaus wäre der Arbeitsplatz des Klägers in H geblieben. Ab dem 1.7.1990 war er jedoch als Verkaufsingenieur für die finnische Firma M. in H tätig. Er erhielt keine Versorgungszusage; eine korrigierende Rehabilitierungsentscheidung wurde nicht getroffen.

Am 13.3.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte führte zunächst Ermittlungen zu dem vom Kläger erzielten Entgelten durch und lehnte mit Bescheid vom 22.3.2006 seinen Antrag auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Der Kläger habe keine Versorgungsanwartschaft erworben, da er zunächst weder in ein Versorgungssystem einbezogen worden sei, noch eine nachträgliche Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem durch Rehabilitation etc. erfolgt sei. Ferner habe er auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage aufgrund der am 30.6.1990 gegebenen Sachlage im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehabt (Urteil vom 9.4.2002, B 4 RA 36/01 R). Er habe am 30.6.1990 keine Tätigkeit in einem W ausgeübt, da der W Elektronik H bereits vorher in eine GmbH umgewandelt worden sei. Die Umwandlung sei wirksam mit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge