Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Verlegung eines gerichtlichen Termins - Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage

 

Orientierungssatz

1. Einem Verlegungsantrag des Verfahrensbeteiligten ist nach § 202 SGG i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO zu entsprechen, wenn ein erheblicher Grund vorliegt. Hierzu zählt nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist oder die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt.

2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach § 179 SGG ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren. Hat der Kläger gegen das ergangene Urteil Berufung eingelegt und ist diese noch anhängig, so ist eine erhobene Wiederaufnahmeklage unzulässig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.06.2020; Aktenzeichen B 2 U 6/20 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.01.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme eines beendeten Verfahrens.

In dem beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) unter dem Aktenzeichen S 16 U 563/14 geführten Verfahren machte der Kläger im Wege eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Feststellung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Leistungen geltend. Mit Urteil vom 13.04.2018 wies das SG die Klage ab. Die gegen dieses Urteil vom Kläger am 14.05.2018 eingelegte Berufung ist beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen unter dem Aktenzeichen L 15 U 288/18 anhängig. Mit der am 14.05.2018 beim SG erhobenen "Wiederaufnahmeklage gemäß § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO" hat der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens S 16 U 563/14 begehrt und die Anträge aus dem Schriftsatz vom 19.05.2018, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, gestellt. Mit Gerichtsbescheid vom 15.01.2019, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen die ihm am 21.01.2019 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 18.02.2019 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren auf Wiederaufnahme des Verfahrens S 16 U 563/14, Feststellung eines Arbeitsunfalls und Gewährung von Leistungen weiter. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 14.02.2019 Bezug genommen.

Mit dem am 16.12.2019 um 19.23 Uhr beim Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 16.12.2019, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Kläger die Verlegung des auf den 17.12.2019 anberaumten Verhandlungstermins beantragt. Den Verlegungsantrag hat der Senat durch seinen Vorsitzenden mit Schreiben vom 17.12.2019, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird und das dem Kläger per Fax übermittelt und ausweislich des Sendeberichts um 10.25 Uhr zugestellt wurde, abgelehnt. Mit dem am 17.12.2019 um 14.38 Uhr beim Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17.12.2019 hat der Kläger unter weitgehender Wiederholung seines Vorbringens einen erneuten Verlegungsantrag gestellt.

Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.12.2019 nicht erschienen und auch nicht vertreten gewesen ist, stellt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen die Anträge aus dem Schriftsatz vom 14.02.2019.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat durfte in Abwesenheit des Klägers mündlich verhandeln und entscheiden, weil der Kläger in der ihm zugestellten Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Den Anträgen des Klägers auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen.

Den ersten Verlegungsantrag, den der Kläger am Tag vor der mündlichen Verhandlung außerhalb der Geschäftszeiten des Landessozialgerichts um 19.23 Uhr gestellt hat, hat der Vorsitzende des Senats mit begründeter Entscheidung am Tag der mündlichen Verhandlung, die dem Kläger um 10.25 Uhr und damit noch weit vor dem anberaumten Termin um 15.30 Uhr per Fax bekannt gegeben wurde, in Übereinstimmung mit § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 4 ZPO abgelehnt. Über den erneuten Verlegungsantrag, der erst um 14.53 Uhr beim Landessozialgericht eingegangen ist, konnte eine entsprechende gesonderte Entscheidung nicht ergehen, da der Senat zu diesem Zeitpunkt durchgehend bis zum anberaumten Termin des Klägers mit der mündlichen Verhandlung in einer anderen Streitsache befasst war. Eine förmliche Entscheidung über den erneuten Terminsaufhebungsantrag war wegen dessen Kurzfristigkeit weder möglich noch zumutbar (vgl. insoweit auch BSG, Beschl. v. 03.07.2013 - B 12 R 38/12 B -, juris Rn. 10).

Die Terminverlegungsanträge des Klägers waren auch nicht begründet. Nach § ...

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