Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. Einsatzgemeinschaft. nicht getrennt lebender Ehegatte. Getrenntleben. Unterbringung in einem Pflegeheim. Ungeklärtheit des Verbleibs eines Geldbetrages in Höhe von etwa 12.000 Euro. Beweislastentscheidung

 

Orientierungssatz

1. Für die Annahme eines Getrenntlebens iS der sozialhilferechtlichen Vorschriften ist es nicht ausreichend, dass Ehegatten wegen des pflegebedingten Aufenthalts eines von ihnen in einem Heim oder sonstiger stationärer Unterbringung eines Ehegatten räumlich voneinander getrennt leben und eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen ihnen nicht mehr besteht (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 2.4.2009 - L 23 SO 37/09 B ER = FEVS 61, 263, LSG Schleswig vom 29.6.2011 - L 9 SO 25/09 = FEVS 63, 381 und LSG Darmstadt vom 29.7.2008 - L 7 SO 133/07 ER = FEVS 60, 212).

2. Dies gilt selbst dann, wenn wegen des gesundheitlichen Zustandes des Pflegebedürftigen ein Ende der räumlichen Trennung nicht mehr zu erwarten ist.

3. Ist die Hilfebedürftigkeit auch nach Ausschöpfung aller denkbaren Erkenntnisquellen nicht hinreichend wahrscheinlich, so geht dies auch nach allgemeinen Regeln zu Lasten des Hilfesuchenden. Dieser trägt die objektive Beweislast für das Nichtvorliegen von Vermögen (vgl LSG Essen vom 4.12.2009 - L 12 B 48/09 SO ER und LSG Celle-Bremen vom 9.2.2015 - L 11 AS 1352/14 B ER = ZFSH/SGB 2015, 276).

4. Ist unbestritten Bargeld und damit Vermögen in einer Einstandsgemeinschaft vorhanden gewesen, trägt der Hilfesuchende als Teil der Einstandsgemeinschaft die Beweislast für den Verbleib des Geldbetrages.

 

Nachgehend

BSG (Vergleich vom 05.07.2018; Aktenzeichen B 8 SO 27/16 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.01.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten im Zeitraum vom 27.05.2011 bis 31.05.2013.

Die Klägerin ist im Jahre 1947 geboren und schwerbehindert (Grad der Behinderung 100; zuerkannte Nachteilsausgleiche aG, B und H). Im Jahre 2011 bezog sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 169,32 EUR (ab 01.07.2011 i.H.v. 170,44 EUR). Der im Jahre 1938 geborene Ehemann der Klägerin, mit dem die Klägerin seit 1969 verheiratet war, ist am 04.02.2013 - während des erstinstanzlichen Klageverfahrens - verstorben (Verstorbener). Ab Juni 2013 bezog die Klägerin eine Witwenrente i.H.v. 719,14 EUR (Juni 2013). Im Jahre 2011 bezog der Verstorbene eine Altersrente i.H.v. monatlich 1.166,31 EUR (ab 01.07.2011

i.H.v. 1.174,27 EUR). Die Klägerin und der Verstorbene waren im Jahre 2011 zu je ½ Eigentümer der Wohnung T in E, welche sie später verkauften. Der Verkaufserlös deckte nicht die insoweit bestehenden Verbindlichkeiten.

Die Klägerin erlitt im Februar 2011 einen Schlaganfall. In der Folge war die Klägerin zunächst in F in einem Krankenhaus, danach in einer Rehabilitationseinrichtung in B. Die Klägerin und der Verstorbene mieteten gemeinsam eine Altenwohnung bei der Beigeladenen zum 01.06.2011 an. Aufgrund des Gesundheitszustandes der Klägerin wurde diese allerdings am 17.05.2011 im Altenzentrum S der Beigeladenen stationär aufgenommen. Dort lebt sie bis heute. Ab dem Zeitpunkt der Aufnahme gewährt ihr die Pflegekasse Leistungen der Pflegestufe III in Höhe von bis zu monatlich 1.510 EUR (Stand Juli 2011).

Mit am 16.05.2011 eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten. Der Beklagte ermittelte im Rahmen der Antragsprüfung, dass am 17.01.2011 von einem gemeinsamen Konto der Klägerin und des Verstorbenen ein Betrag von 3.000 EUR (für den Kauf eines PKW) abgehoben worden war und dass am 24.03.2011 von insgesamt fünf Sparbüchern der Klägerin und des Verstorbenen - von beiden bei Antragstellung im Vordruck nicht als Vermögen ausgewiesen - insgesamt ein Betrag von 12.103,75 EUR abgehoben worden war. Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Betreuerin O (Tochter der Klägerin) mit, dass sich der Verstorbene im Januar 2011 einen PKW gekauft habe, ohne einen Kaufvertrag abzuschließen. Im März habe er noch eine größere Reparatur am Auto vornehmen müssen. Den Rest des Geldes habe der Verstorbene gebraucht für Benzin, um jeden Tag ins Krankenhaus zur Klägerin bzw. zur Rehaeinrichtung fahren zu können. Für den Umzug sei dann das letzte Geld verbraucht worden. Belege habe der Verstorbene nicht. Da die Sparbücher bei Antragstellung leer gewesen seien, habe der Verstorbene sie auch nicht angegeben. Mit weiterem Schreiben teilte die Betreuerin O mit, dass der Verstorbene kein Geld mehr habe und auch keinerlei Belege. Die Abhebungen seien von dem Verstorbenen vorgenommen worden, über den Verbleib des Geldes sei nicht das Geringste bekannt. Bei dem Verstorbenen habe eine Alkoholproblematik vorgelegen. Unter dem Datum 27.03.2012 gaben beide Betreuerinnen eine "eidesstattliche Versich...

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