Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensfreibetrag für geldwerte Ansprüche der Altersvorsorge. Ausschluss der Verwertung von Vermögen bei Vorliegen einer besonderen Härte

 

Orientierungssatz

1. Zweck der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II ist es, erwerbsfähige Hilfebedürftige davor zu schützen, dass sie Vermögen, das sie für ihre Altersvorsorge bestimmt haben, vorher zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes einsetzen müssen. Erforderlich ist, dass während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums für den betreffenden Vermögenswert tatsächlich ein Verwertungsausschluss vereinbart ist, wodurch jegliche Form der Verwertung, sei es durch Kündigung, Rückkauf oder Beleihung, ausgeschlossen ist.

2. Das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II setzt außergewöhnliche Umstände voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst Recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Anzuerkennen ist eine besondere Härte beim Überschreiten der Vermögensfreibeträge durch eine private Rentenversicherung, wenn ein Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter Ersparnisse einsetzen müsste, obwohl sein Rentenversicherungsverlauf Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist. Nicht ausreichend sind dagegen Versicherungslücken wegen Zeiten der Arbeitslosigkeit. Dieses Risiko der Arbeitslosigkeit ist kein Umstand der bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffen ist, sondern das dort regelmäßig realisierte Risiko.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.09.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Gewährung von zuschussweisen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 16.08.2008.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger ist Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Hausgrundstückes in X. Dieses Grundstück hat eine Größe von 1.249 qm und eine Wohnfläche von 130 qm. Der Kläger bewohnte dieses Haus ursprünglich zusammen mit seiner Mutter I X, für die im Grundbuch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestehend aus einem Wohnungsrecht an dem Grundstück eingetragen ist. Die Mutter ist am 00.00.2010 verstorben. Eigenen Angaben zufolge bewohnt der Kläger das Haus nunmehr alleine.

Am 27.12.2004 beantragte der Kläger erstmals die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, die zunächst wegen vorhandenen Vermögens oberhalb der Freibeträge abgelehnt wurden. Das hiergegen geführte Klageverfahren war erfolglos (SG Detmold S 10 AS 40/05), die Berufung wurde am 02.05.2007 zurückgenommen (L 12 AS 46/06).

Nachdem ein Teil des ursprünglich vorhandenen Vermögens verbraucht war, beantragte der Kläger am 11.07.2007 erneut Leistungen nach dem SGB II, die ihm zunächst auch bewilligt wurden, zuletzt mit Bewilligungsbescheid vom 04.12.2007 für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 29.02.2008. Der Kläger hat während des Verfahrens mitgeteilt, dass er sich mit der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen selbständig gemacht habe, zurzeit aber nur Verluste erziele. Seine Mutter lebe inzwischen in einem Alten- und Pflegeheim.

Am 14.02.2008 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen über den 29.02.2008 hinaus. Er teilte mit, dass seine Mutter weiterhin im Altenheim lebe und er sich zurzeit eine Tätigkeit als Versicherungsvermittler aufbaue.

Neben dem Hausgrundstück verfügte der Kläger zu diesem Zeitpunkt über weitere Vermögenswerte. Im Einzelnen handelt es sich um Genossenschaftsanteile bei der X-Bank im Wert von 160,00 EUR, ein Aktiendepot bei der X-Bank mit der Nummer 00000 mit einem Wert von 290,40 EUR, ein Sparbuch bei der X-Bank mit der Nummer 00000X mit einem Guthaben von 68,82 EUR und ein Girokonto bei der X-Bank mit einem Guthaben von 2.016,71 EUR. Weiter verfügte er über eine Rentenversicherung bei der W mit der Nr. xx. Zudem verfügte er über eine Lebensversicherung bei der W mit der Vertragsnummer xx und einem Rückkaufwert von 11.423,02 EUR sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der W mit der Vertragsnummer xx und einem Rückkaufwert von 7.423,10 EUR. Auf die Lebensversicherung waren Beiträge in Höhe von 10.271,01 EUR geleistet worden, auf die Rentenversicherung in Höhe von 6.150,00 EUR. Bezüglich der Lebens- und Rentenversicherung war ein Verwertungsausschluss dergestalt vereinbart, dass diese vor Eintritt des Klägers in den Ruhestand bis zum Wert von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Versicherungsnehmers, höchstens jedoch 13.000,00 EUR nicht verwertbar sein sollten. Die Beklagte holte sodann eine gutachterliche Stellungnahme des Gutachterausschusses für Grundstückswerte bezüglich des Verkehrswertes des Hausgrundstückes ein. Der Gutachterausschuss ermittelte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 14.05.2008 einen Verkehrswert des Hausgrundstückes unter Berücksichtigung des Wohnungsrechtes der Mutter des Kläg...

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