Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Abrechnungsfähigkeit der Behandlung HIV- bzw. AIDS-Infizierter auf Vertragsärzte

 

Orientierungssatz

1. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung fest; dazu gehört u. a. die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität.

2. Die SNR 91030 zur Behandlung therapiebedürftiger HIV-/AIDS-Infizierter kann ausschließlich von niedergelassenen Ärzten und damit nicht von einem Krankenhausträger abgerechnet werden. Die Pauschale von 76,69 € fällt an für den besonderen Aufwand bei HIV-/AIDS-Infizierten.

3. Hauptziel der HIV-Vereinbarung ist die Qualitätssicherung und Strukturverbesserung der Versorgung HIV-Infizierter und AIDS-Erkrankter in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Diese sieht nicht lediglich ein höheres Honorar für die entsprechenden Vertragsärzte vor, sondern vergütet die erheblichen Gegenleistungen des teilnehmenden Vertragsarztes. Sie besitzt keine Gültigkeit für ermächtigte Ärzte (Anschluss: BSG, Urteil vom 03. März 1999, B 6 KA 18/98 R).

4. Für die Differenzierung zwischen Vertragsärzten und ermächtigten Ärzten gibt es einen sachlichen Grund. Eine AIDS-Ambulanz kann bei nicht ausreichend erachteter Vergütung ihre Ermächtigung zurückgeben. Dagegen ist der Vertragsarzt verpflichtet, jeden gesetzlich Versicherten nach Maßgabe des Leistungsrechts zu behandeln.

5. Das BSG hat in einem Urteil für Strukturverträge nach § 73a SGB 5 anerkannt, dass eine Begrenzung auf bestimmte Arztgruppen aus Gründen beschränkter Finanzmittel und mit Blick auf den Grundsatz der Beitragsstabilität nicht sachwidrig ist (Anschluss: BSG, Beschluss vom 22. Juni 2005, B 6 KA 20/05 B).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal IV/2005 im Umfang vom 26.841,50 EUR.

Die Klägerin ist Trägerin der Medizinischen Klinik, Aids-Ambulanz im Klinikzentrum O in E, die durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.02.2005 für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.03.2007 nach § 31 Abs. 1, Alternative a Ärzte-ZV u.a. insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden war, als sie - auf Überweisung niedergelassener Ärzte - besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen der Therapie bei HlV-lnfizierten/AlDS-Erkrankten einschließlich der notwendigen begleitenden Diagnostik durchführte.

Mit Bescheid vom 24.04.2006 stellte die Beklagte die Abrechnung der Klägerin für das Quartal IV/2005 zur SNR 91030 in folgendem Umfang sachlich-rechnerisch richtig: Primärkassen 239 x, Ersatzkassen 111 x, Sonstige Kostenträger 11 x. Zur Begründung führte sie aus, dass nur zugelassene (niedergelassene) Ärzte an der Vereinbarung nach § 73c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Förderung einer qualitätsgesicherten Versorgung HlV-infizierter Patienten und Patientinnen in Westfalen-Lippe teilnehmen könnten.

Hiergegen legte die Klägerin am 29.05.2006 (Eingang bei der Beklagten) Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass die niedergelassenen Ärzte und ermächtigten Institute mit ihrem im Frühjahr 2005 an das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW gerichteten gemeinsamen Antrag zur Versorgungssituation von therapiebedürftigen HlV-/AlDS- Infizierten in Nordrhein-Westfalen eine einheitliche Regelung angestrebt hätten, die den zusätzlichen personellen und zeitlichen Behandlungsaufwand berücksichtige und langfristig die Versorgungsqualität sichere. Dass nach der Vereinbarung gemäß § 73c SGB V ausschließlich niedergelassene Ärzte zur Abrechnung der SNR 91030 berechtigt seien, stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Abrechnung sei sie satzungsgemäß an die geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen gebunden. Die Vereinbarung nach § 73c SGB V zur Förderung einer qualitätsgesicherten Versorgung HIV-infizierter Patientinnen und Patienten in Westfalen-Lippe (HIV-Vereinbarung) sehe eine Abrechnung der SNR 91030 durch ermächtigte Institute nicht vor. Es handele sich um eine freiwillige Vereinbarung, durch die die vom stationären Sektor abweichende besondere Kosten- und Honorarsituation von Vertragsarztpraxen, die sich auf diese Klientel spezialisiert hätten, verbessert werden solle. Im Krankenhaussektor sei es aufgrund einer Mischkalkulation auf viel breiterer Basis möglich, diesen Patientenkreis ohne Honorarerlöse aus der Vereinbarung kostendeckend zu behandeln. Deshalb sei die Vereinbarung nicht auf ermächtigte Ärzte erstreckt worden.

Daraufhin hat die Klägerin am 14.03.2007 die vorliegende Klage erhoben. Zur Klagebegründung hat sie vorgetragen, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien. Ein Anspruch auf Vergüt...

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