Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Gebietskörperschaft als richtiger Klagegegner. Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. Heiz- und Betriebskostennachforderung. verspätet erfolgte Mitteilung der Nachforderung. kein Anspruchsausschluss nach § 44 Abs 1 SGB 12
Orientierungssatz
1. Richtiger Klagegegner ist die beklagte Stadt als Rechtsträgerin der begehrten Leistungen nach dem SGB 12 (Abweichung von BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R = BSGE 99, 137 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11).
2. Bei einer Heiz- und Betriebskostennachforderung handelt es sich um einen Bedarf nach § 42 S 1 Nr 2 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB 12 (vgl BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R = BSGE 104, 41 und vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 4).
3. Einer Leistung nach § 42 S 1 Nr 2 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB 12 steht nicht § 44 Abs 1 SGB 12 unter dem Gesichtspunkt einer gegenüber dem Sozialhilfeträger verspätet erfolgten Mitteilung von der Nachforderung entgegen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Sozialhilfeleistung Kosten laut einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung übernehmen muss, nachdem ihr die entsprechende Abrechnung erst etwa sechs Monate nach Zugang bei der Klägerin vorgelegt worden ist.
Die am 00.00.1982 geborene, dauerhaft erwerbsgeminderte Klägerin ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig. Sie steht unter Betreuung. Seit dem 01.07.2005 erhält sie von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie bewohnte im fraglichen Zeitraum eine Wohnung (25 m² Wohnfläche), für die sie neben einer Nettokaltmiete von 225,00 EUR monatlich einen Betriebskostenvorschuss von 65,00 EUR sowie einen Heizkostenvorschuss von 45,00 EUR entrichten musste. Die Beklagte berücksichtigte bei ihren Leistungen einen Heizkostenvorschuss zunächst nur in Höhe von monatlich 32,50 EUR (pauschal 1,30 EUR je m²).
Im Zusammenhang mit dem Antrag auf Grundsicherungsleistungen unterzeichnete die Betreuerin der Klägerin unter dem 15.06.2005 eine "Erklärung über Mieterhöhungen/Nebenkostenabrechnungen". Darin befindet sich u.a. der folgende Passus: "Soweit sich aus meinem Mietvertrag jährliche Nebenkostenabrechnungen ergeben, werde ich auch diese umgehend, d.h. spätestens bis zur Fälligkeit bzw. 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung, dem Sozialamt zur Überprüfung vorlegen. Ansonsten besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Erklärung Bezug genommen.
Am 20.03.2007 erhielt die Betreuerin für die Klägerin die Heiz- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006. Diese schloss mit einer Nachforderung von 129,82 EUR für Heizkosten sowie von 90,98 EUR für Nebenkosten ab (Summe: 220,80 EUR). Die Betreuerin beglich diese Rechnung am 13.04.2007 durch Überweisung (vgl. ihren handschriftlichen Vermerk auf der Rechnung); wegen Angabe einer falschen Kontonummer und Bankleitzahl wurde diese Überweisung erst am 07.05.2007 ausgeführt.
Im Zusammenhang mit einer Übersendung einer Kopie des Treuhandgirokontos der Klägerin durch ihre Betreuerin (Eingang bei der Beklagten am 22.08.2007) forderte die Beklagte von der Betreuerin mit Schreiben vom 03.09.2007 u.a. die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2006 an. Die Betreuerin reichte die entsprechende Rechnung mit einem auf den 20.09.2007 datierten Schreiben, das ausweislich des Eingangsstempels am 25.08.2007 bei der Beklagten einging, in dem jedoch auf das Schreiben der Beklagten vom 03.09.2007 Bezug genommen wird, zusammen mit anderen Unterlagen mit der Bitte um Erstattung der bereits vorgelegten Kosten.
Mit Bescheid vom 26.09.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2008 lehnte die Beklagte die Übernahme der Heiz- und Betriebskostenabrechnung ab. Eine solche Abrechnung sei umgehend, d.h. bis vier Wochen nach Erhalt oder bis zur Fälligkeit einzureichen; eine entsprechende Erklärung habe die Betreuerin am 15.06.2005 auch unterschrieben. Die Nachforderung sei zwischenzeitlich bereits bezahlt worden bzw. stelle mittlerweile Schulden dar; eine Übernahme sei daher nicht mehr möglich. Zwar gehörten auch derartige Nachforderungen zu den Aufwendungen für eine Unterkunft i.S.v. § 29 Abs. 1 SGB XII. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung handele es sich dementsprechend um gegenwärtigen Unterkunftsbedarf. Gerate der Leistungsempfänger mit der Begleichung jedoch in Verzug, sei "der gegenwärtige Bedarf beendet"; es handele sich dann nur noch um Mietschulden. Die Übernahme von Schulden richte sich jedoch nicht nach § 29 SGB XII, sondern nach § 34 Abs. 1 SGB XII. Da die Nachforderung am 13.04.2007 beglichen worden sei, habe sich der Unte...