Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeld. Abtretung. Betriebsübergang. Rechtsgeschäft. Tatsächliche Nutzung. Beweis des ersten Anscheins. Leistungsklage
Leitsatz (redaktionell)
Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB liegt auch dann vor, wenn der Übergang durch mehrere verschiedene Rechtsgeschäfte umgesetzt wird, vorausgesetzt diese Geschäfte sind darauf gerichtet, eine funktionsfähige betriebliche Einheit zu übertragen. Nutzt der neue Inhaber den Betrieb, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass diese tatsächliche Nutzung auf einem Rechtsgeschäft beruht.
Normenkette
SGB III § 187 S. 1; BGB § 613a; SGG § 54 Abs. 2, 4, § 123
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.11.2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bis 31.12.2001 als Scherenschleifer bei dem Unternehmen D-Schneidwaren, G L (Insolvenzschuldner) in T beschäftigt gewesen. Dieses Einzelunternehmen hatte seit 01.04.2001 zuletzt mit 4 Arbeitnehmern eine Produktion von Schneidwaren aller Art in den Räumlichkeiten ihrer verbliebenen einzigen Abnehmerin, der vom Sohn des Insolvenzschuldners geführten D-GmbH (Beigeladene) betrieben.
Am 02.01.2002, 8.15 Uhr, wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet (Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 28.12.2001 - 145 IN 352/01 -).
Am 23.01.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Insolvenzgeld für die Entgeltabrechnungszeiträume vom 01.10. bis 31.12.2001 und gab an, das Arbeitsverhältnis mit dem Insolvenzschuldner sei in Schriftform einvernehmlich zum 31.12.2001 beendet worden. Der seit 01.01.2002 bei der D GmbH beschäftigte Kläger fügte seinem Insolvenzgeldantrag eine Kopie einer zwischen ihm und der D GmbH am 08.11.2001 getroffenen Vereinbarung bei. Diese hatte im Wesentlichen Folgendes zum Inhalt: Da der Insolvenzschuldner nicht in der Lage sei, seine Verpflichtungen zur Zahlung von Gehalt gegenüber dem Kläger zu erfüllen, gewähre die D GmbH dem Kläger im Hinblick auf den voraussichtlichen Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld für die Monate Oktober bis Dezember 2001 ein Darlehen in Höhe der jeweiligen Lohnforderungen des Klägers für die Monate Oktober bis Dezember 2001. Der Darlehensbetrag sei zu dem Zeitpunkt fällig und zahlbar, zu dem die jeweiligen Lohnforderungen für die entsprechenden Monate von dem Einzelunternehmen G L geschuldet würden. Zur Absicherung des Darlehensrückforderungsanspruchs trete der Kläger der D GmbH seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Insolvenzgeld ab. Gleichzeitig erkläre der Kläger sein Einverständnis, dass in den Insolvenzgeldanträgen das Firmenkonto der D GmbH als begünstigtes Konto angegeben werde. Eine solche Vereinbarung schloss die D GmbH außer mit dem Kläger auch mit den anderen beim Insolvenzschuldner noch beschäftigten Arbeitnehmern.
Auf Befragen der Beklagten erklärte der Kläger dann im März 2002, dass er seine Ansprüche auf Insolvenzgeld nach Stellung des Insolvenzgeldantrags auf die D GmbH übertragen habe und fügte eine unter dem 06.03.2002 zwischen ihm und der D GmbH getroffene Vereinbarung bei, wonach er seine Ansprüche auf Insolvenzgeld an die D GmbH abtrete, diese die Abtretung annehme und berechtigt sei, die Abtretung offen zu legen.
Mit Bescheid vom 12.06.2002 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Antrag auf Insolvenzgeld mit der Begründung ab, dem Kläger stehe kein Insolvenzgeld zu, da er seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt abgetreten habe. Den dagegen vom Kläger nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2002 mit der Begründung zurück, der Anspruch auf Insolvenzgeld stehe gemäß § 188 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) der D GmbH zu.
Am 23.08.2002 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben und eine Erklärung des Geschäftsführers der D GmbH vorgelegt, nach der er befugt sei, den abgetretenen Anspruch auf Insolvenzgeld im eigenen Namen geltend zu machen. Er hat vorgetragen, er habe an die D GmbH nicht seine Arbeitsentgeltansprüche, sondern den Anspruch auf Insolvenzgeld abgetreten. Er hat die Ansicht vertreten, ein Betriebsübergang vom Insolvenzschuldner auf die D GmbH habe nicht stattgefunden. Aber auch im Falle eines Betriebsübergangs hafte die D GmbH nicht für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Forderungen gegen den Insolvenzschuldner. Die D GmbH habe Betriebsvermögen des Insolvenzschuldners erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Insolvenzgeld zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, es bestehe bereits deshalb kein Anspruch auf Insolvenzgeld, weil es ke...