Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bei fehlendem Vorverfahren
Orientierungssatz
1. Eine Klage auf Gewährung von Verletztenrente nach § 56 SGB 7 und auf Pflegegeld nach § 44 SGB 7 ist als sog. Sofortklage unzulässig. Prozessvoraussetzung einer entsprechenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG ist die vorherige Durchführung eines Verwaltungsverfahrens nach § 78 SGG.
2. Das hierzu erforderliche Verwaltungsverfahren schließt mit einem Verwaltungsakt ab. Erst nach dem hieran anschließenden abgeschlossenen Widerspruchsverfahren ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 04.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Verletztengeld und Pflegegeld.
Der im September 1943 geborene Kläger erlitt am 28.07.1961 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich am linken Knie verletzte. Die hierfür zuständige vormalige Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft (jetzt: Berufsgenossenschaft Holz und Metall) gewährte dem Kläger auf der Grundlage des Bescheides vom 03.01.1966 eine Rente nach einer MdE von 20 v. H, wobei diese Rente später abgefunden wurde (Bescheid vom 03.08.1977). Ein 1990 eingeleitetes Rentenerhöhungsverfahren blieb ohne Erfolg.
Am 05.01.1990 erlitt der Kläger als Teilnehmer einer Integrationsmaßnahme einen weiteren Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Rückenprellung sowie eine Prellung des linken Kniegelenkes zuzog. Mit Bescheid vom 08.02.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.1997 lehnte die für die Entschädigung dieses anerkannten Arbeitsunfalles zuständige Beklagte (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) die Gewährung einer Rente ab, da keine Unfallfolgen mit einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) verblieben seien. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.01.1998 S 14 U 118/96). Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 31.10.2010 zurück (L 5 U 16/98). Einen Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) des Klägers, der auf die Gewährung von Verletztengeld und Pflegegeld gerichtet war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2004 ab. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Detmold mit Gerichtsbescheid vom 10.03.2005 ab (S 14 U 60/04); die Berufung nahm der Kläger anschließend zurück. Weitere Bescheide sind in der Folgezeit nicht erteilt worden.
Am 07.05.2013 hat der Kläger unmittelbar Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben, mit dem Begehren, sowohl die Beklagte wie auch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall zur Zahlung von Verletztengeld und Pflegegeld wegen des Unfallereignisses vom 05.01.1990 zu verurteilen. Es müsse Berücksichtigung finden, dass seine Krankenkasse die Angelegenheit damals fehlerhaft behandelt habe. Eine insoweit gegen die AOK vor dem Sozialgericht Detmold erhobene Klage (S 3 KR 193/13) hat der Kläger im März 2014 zurückgenommen). Das Sozialgericht hat die vorliegenden Verfahren gemäß § 114 SGG getrennt und als Klagen gerichtet gegen die Berufsgenossenschaft Holz und Metall - als Rechtsnachfolgerin der Maschinenbau- und Metall BG einerseits (S 14 U 142/13 = L 15 U 288/16) und gegen die Verwaltungs-BG (S 14 U 135/13 = L 15 U 281/16) geführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2016 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt:
"Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Streitsache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies.
Die Klage ist unzulässig.
Soweit der Kläger wegen seines Arbeitsunfalles vom 05.01.1990 erneut die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente (§ 56 des 7. Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII -) und Pflegegeld (§ 44 SGB VII) begehrt, ist eine "Sofortklage" nicht statthaft. Vielmehr war der Kläger gehalten, zuvor beim zuständigen Versicherungsträger die Gewährung dieser Leistungen zu beantragen und nach Entscheidung dessen hierüber durch Verwaltungsakt nötigenfalls ein Vorverfahren (§ 78 Abs. 1, 3 SGG) durchzuführen. Eine Direktklage auf Verurteilung zu einer Leistung ist nach § 54 Abs. 5 SGG lediglich dann zulässig, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Solche haben aber zu ergehen, soweit nach der Konzeption des Gesetzes ein Subordinationsverhältnis zwischen Sozialleistungsträger und Bürger vorliegt bzw. die Befugnis zu einer Regelung in Form eines Verwaltungsaktes gesetzlich bestimmt ist. Über die genannten Lei...