Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei einem Spätaussiedler wegen Überschreitens der Altersgrenze
Orientierungssatz
1. Bei der Gewährung von Halb- oder Vollwaisenrente ist bei der Beurteilung der Altersgrenze des § 67 Abs. 3 SGB 6 grundsätzlich der Todestag des Versicherten maßgeblich. Etwaige Leistungen werden nach § 72 Abs. 2 S. 1 SGB 7 von diesem Tag an gezahlt. Eine Antragstellung ist nicht konstitutiv für den Anspruch.
2. Finden die Regelungen des SGB 7 jedoch nur über das FRG Anwendung, so ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Tag der Übersiedlung in die Bundesrepublik. Die Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Leistungen ruht nach § 12 Abs. 1 S. 1 FRG, solange sich der Berechtigte außerhalb des Geltungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland aufhält.
3. Hatte der Antragsteller bei seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik bereis die anspruchausschließende Altersgrenze des § 67 Abs. 3 SGB 7 überschritten und liegt keiner der Ausnahmetatbestände des § 67 Abs. 4 SGB 7 vor, so besteht kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.12.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Verbindung mit dem Fremdrentengesetz (FRG).
Der am 00.00.1966 als Sohn russischer Eltern in U, Usbekistan, geborene Kläger reiste am 00.10.2001 gemeinsam mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Ehefrau wurde am 12.12.2001 eine Bescheinigung nach § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) erteilt und der Kläger ab diesem Tag als Ehegatte einer Spätaussiedlerin nach § 7 Abs. 2 BVFG anerkannt. Entsprechend ist er seither gem. § 7 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StGA) in der damals geltenden Fassung Deutscher im Sinne von Art. 116 Grundgesetz (GG).
Im August 2009 beantragte der Kläger beim Landschaftsverband Rheinland (LVR), ihm und seiner Mutter, Frau S M, Hinterbliebenenleistungen nach seinem am 00.00.1939 in Usbekistan geborenen und dort am 00.01.1991 verstorbenen Vater, Herrn W T, zu gewähren. Auf einen Hinweis des LVR, dass ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) nicht bestehe, ggf. aber - sofern der Tod auf einem Arbeitsunfall beruhe - ein Anspruch auf Unfallleistungen in Betracht komme, stellte der Kläger am 21.08.2009 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Hinterbliebenenrente. Er übersandte u.a. den Lebenslauf bzw. Angaben zu seinem Vater, dessen Geburts- und Sterbeurkunde (Todesursache: akuter Herzgefäßparoxysmus, ischämische Herzkrankheit), seine eigene Geburtsurkunde sowie eine Kopie seines Staatsangehörigkeitsausweises und eine Bescheinigung des Standesamtes Berlin vom 28.03.2002 über die Namensbestimmung seiner Familie. Weiter teilte er mit, dass seine Mutter bei einem Verkehrsunfall am 14.10.2009 schwer verletzt worden sei.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen nach dem FRG mit Bescheid vom 06.05.2010 ab. Ansprüche bestünden weder für den Kläger noch für seine Mutter. Grund hierfür sei zum einen, dass beide nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Personen nach § 1 FRG gehörten. Auch sei der Vater nicht an den Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben, sondern Todesursache vielmehr ein Herzinfarkt gewesen, den er auf der Betriebsstätte erlitten habe. Ein Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit lasse sich weder glaubhaft noch wahrscheinlich machen. Schließlich erfülle der Kläger die konkreten Voraussetzungen für die Gewährung einer Waisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Waisenrente werde gem. § 67 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt; er sei zum Zeitpunkt der Antragstellung jedoch bereits 42 Jahre alt gewesen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11.05.2010 Widerspruch ein. Er führte unter Vorlage verschiedener Bescheinigungen u.a. an, dass seine 1936 geborene Mutter ihren Wohnsitz in U habe, wo sich die deutsche Botschaft befinde. Die verstorbenen Eltern seiner Mutter, Herr J M und Frau B M, seien Vertriebene i. S. d. §§ 1, 2 BGFV, § 20 WGSVG sowie Kriegsgeschädigte. Herr J M habe seinen Wohnsitz einmal am 31.12.1937 im Vertreibungsgebiet (Kreis Saratow / Deutsche Republik Sowjetunion) gehabt, dieses Gebiet aus Verfolgungsgründen 1932/1933 verlassen und sich dann unter Bekennung zum deutschen Volkstum in U aufgehalten. 1941 sei er zum Kampf gegen den Faschismus als Soldat eingezogen und 1944/1945 während des militärischen Dienstes in Deutschland verletzt worden. Trotz Impfung sei er 1948 in U an einer Tuberkulose verstorben. Seine Großmutter sei dann mit ihren Kindern, u.a. seiner Mutter, von 1941 bis 1947 ins Vertreibungsgebiet im Kreis Saratow geflohen. 196...