Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen nach dem FRG für Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt niemals in Deutschland hatten
Orientierungssatz
Leistungen nach dem FRG beruhen auf dem Gedanken der Eingliederung. Anwartschaften und Ansprüche auf diese Leistungen können daher nicht vor der Aufenthaltnahme im Bundesgebiet begründet werden (vgl BSG vom 23.6.1999 - B 5 RJ 44/98 R = SozR 3-5050 § 1 Nr 4 sowie vom 6.12.1979 - GS 1/79 = BSGE 49, 175 = SozR 5050 § 15 Nr 13 und BVerfG vom 26.1.1977 - 1 BvL 17/73 = BVerfGE 43, 213 = SozR 5050 § 22 Nr 5).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.06.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit für die Gewährung einer Altersrente.
Die 1936 in U, Usbekistan, geborene und dort wohnhafte Klägerin hat nie in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gelebt bzw. gearbeitet. Sie ist Witwe des am 00.00.1939 geborenen und am 00.01.1991 in U, Usbekistan, verstorbenen W T. Ihr am 00.00.1966 in U, Usbekistan, geborener Sohn ist Ehegatte einer Spätaussiedlerin im Sinne des § 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und deutscher Staatsangehöriger. Er lebt seit Oktober 2001 in der BRD und ist der Bevollmächtigte der Klägerin, Vollmacht vom 15.09.2009.
Die Klägerin stellte am 30.10.2009, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, einen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente bei der Beklagten. Im dem Vordruck V 711 - Fragebogen über zurückgelegte Beschäftigungs-, Versicherungs-, Anrechnungs- und Militärdienstzeiten auf dem Staatsgebiet der ehemaligen Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten - gab die Klägerin an, dass sie "nach § 20 WGSVG nach § 13 StaG" deutsche Staatsangehörige sei. Ihre Eltern seien J M und B M gewesen. Sie habe einen Antrag auf Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin im Sinne des BVFG gestellt. Sie sei vertriebene Verfolgte und gehöre dem deutschen Sprach- und Kulturkreis an. Auf die Frage, wann sie ihr Herkunftsland verlassen habe, gab die Klägerin an: "in 1941 wegen Kriegs und war in Assiedlungsgebiet Kreis T übersiedelt/flüchten". Seit dem 01.04.1996 beziehe sie eine Altersrente in Usbekistan. In Deutschland habe sie keine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Von 1954 bis 1995 habe sie "außerhalb der ehemaligen Sowjetunion" eine Beschäftigung ausgeübt, nämlich als Ärztin in Usbekistan. Hierfür seien Beiträge zur Rentenversicherung des Beschäftigungslandes gezahlt worden. Sie sei "zusammen mit Mutter von Usbekistan nach Wolgadeutsche Republik von 1941 bis 1948" "flüchtig" gewesen. Unter der Rubrik "Ist ein Elternteil in der ehemaligen Sowjetunion interniert oder verschleppt worden" gab die Klägerin an: "Ja, Vater und Mutter", und zwar "Weißrussland/Polen in 1918-1922, Wolgadeutsche Republik 1932 nach Usbekistan, von Usbekistan nach Wolgadeutsche Republik 1941, von Wolgadeutsche Republik nach Usbekistan 1948". Weiter gab die Klägerin an, sie habe von 1944 bis 1948 eine allgemeinbildende Schule in Kreis T, Wolgadeutsche Republik, und von 1948 bis 1954 die Mittelschule in U, Usbekistan, besucht. Anschließend habe sie am medizinischen Institut der Hochschule Stadt U vom 01.09.1954 bis 30.06.1960 erfolgreich Kinderheilkunde studiert. Seit dem 10.08.1960 bis zum Eintritt in die Altersrente im April 1996 sei sie anschließend als Ärztin tätig geworden. Zusätzlich habe sie von 1981 bis 1983 ihre Mutter gepflegt. Von 1945 bis 1947 habe sie zusammen mit der Mutter in einem Kolchos "Pflichtarbeit in der Zeit Krieges" verrichtet.
Die Beklagte leitete den Antrag zunächst an die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland weiter, die den Vorgang unter Hinweis darauf, dass die Versicherte nie in Deutschland gewohnt bzw. gearbeitet habe und auch kein Sozialversicherungsabkommen bestehe, wieder an die Beklagte abgab. Mit Bescheid vom 16.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Regelaltersrente nach § 35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab. Die Klägerin habe die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt. Es sei kein anrechnungsfähiger Monat vorhanden. Ein Fall der vorzeitigen Wartezeiterfüllung liege ebenfalls nicht vor.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob am 13.08.2010 gegen den Bescheid vom 21.07.2010 - gemeint ist der Bescheid vom 16.07.2010 - Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung als Vertriebene und als Hinterbliebene von Kriegsbeschädigten im Sinne des § 1 lit a und e Fremdrentengesetz (FRG), sowie §§ 1, 25 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges - Bundesversorgungsgesetz (BVG) erfülle. Sie mache nach § 4 FRG geltend, dass sie als Waisenkind und Hinterbliebene der mehrf...