Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. Abschluss eines Arbeitsvertrages. Schriftformerfordernis nach § 296 Abs 1 SGB 3. Ablauf der Geltungsdauer. Schadensminderungspflicht der BA

 

Orientierungssatz

1. Es bleibt offen, ob das Schriftformerfordernis nach § 296 Abs 1 S 1 iVm S 2 SGB 3 als erfüllt angesehen werden kann, wenn im Vertrag vereinbart worden ist, dass der Arbeitsuchende den jeweils gültigen Vermittlungsgutschein akzeptiert.

2. Das Entstehen der Vergütungsanspruches des privaten Arbeitsvermittlers hängt nicht von der Aufnahme der Tätigkeit des Arbeitsuchenden, sondern vom Abschluss eines Arbeitsvertrages ab. Aufgrund der Erfolgsbezogenheit der Regelung des § 296 Abs 2 SGB 3 ist daher mit Blick auf den Anspruch des Vermittler gegen die Beklagte nach § 421g Abs 1 S 4 SGB 3 davon auszugehen, dass der Arbeitsvertrag innerhalb des Geltungszeitraums geschlossen werden muss. Angesichts dessen ist es unschädlich, dass in § 421g Abs 3 SGB 3 nicht explizit aufgeführt wird, dass die Zahlung der Vergütung auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitsvertrag außerhalb der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheins zustande kommt.

3. Zur Schadensminderungspflicht der Bundesagentur für Arbeit bei Ablauf der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheines und Unterlassung eines diesbezüglichen Hinweises.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.12.2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Zahlung einer Vermittlungsvergütung.

Die Klägerin, deren einzige Gesellschafterin die Handwerkskammer B ist, betreibt unter anderem Beschäftigungsförderung sowie die Vermittlung von Arbeitsverhältnissen.

Unter dem 13.04.2005 stellte die Beklagte dem Beigeladenen einen Vermittlungsgutschein aus. Als Gültigkeitsdauer war die Zeit vom 14.04.2005 bis 12.07.2005 festgelegt. In dem Vermittlungsgutschein hatte die Beklagte unter anderem darauf hingewiesen, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgen müsse. Maßgeblich sei grundsätzlich der Tag, an dem der Arbeitsvertrag geschlossen werde. Mit dem Beigeladenen schloss die Klägerin am 13.04.2005 einen schriftlichen Arbeitsvermittlungsvertrag. In diesem Vermittlungsvertrag wurde Bezug genommen auf den von der Beklagten ausgestellten Vermittlungsgutschein und weiterhin vereinbart, dass die Klägerin zur Bezahlung der Vermittlungsleistung nach Maßgabe des § 296 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) den jeweils gültigen Vermittlungsgutschein akzeptiere. In diesem Fall seien ihr jeweils das Original des Vermittlungsgutscheins und die Vermittlungs-/Beschäftigungsbestätigung der zuständigen Agentur für Arbeit, unterzeichnet vom neuen Arbeitgeber, unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Der Bewerber verpflichte sich, die Gültigkeit seines Vermittlungsgutscheins zu kontrollieren, bei Ablauf der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins rechtzeitig dafür Sorge zu tragen, einen neuen Vermittlungsgutschein bei der Agentur für Arbeit zu beantragen und diesen der Klägerin in Kopie zur Verfügung zu stellen.

Nach telefonischer Absprache wandte sich ein Mitarbeiter der Klägerin mit einem undatierten, auf einem Briefbogen der Handwerkskammer B verfassten. Schreiben an die Firma Autohaus S GmbH & Co. KG (S.) und empfahl ein unverbindliches Gespräch mit dem Beigeladenen sowie ggf. ein kurzes Praktikum. Am 01.08.2005 nahm der Beigeladene bei S eine Beschäftigung auf. Das Beschäftigungsverhältnis wurde von S. innerhalb der Probezeit zum 31.12.2005 gekündigt.

Mit Schreiben vom 20.09.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Auszahlung der Teilvergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR gemäß § 421g Abs. 2 SGB III. Dem Antrag beigefügt waren der Vermittlungsgutschein, der Arbeitsvermittlungsvertrag sowie eine von S. unterzeichnete Vermittlungsbestätigung, in der ausgeführt wurde, dass S. auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen, der Arbeitsvertrag am 01.08.2005 auf Dauer geschlossen worden sei und das Beschäftigungsverhältnis am 01.08.2005 begonnen habe.

Die Auszahlung lehnte die Beklagte ab. Sie vertrat die Ansicht, dass der Arbeitsvertrag, der infolge der Vermittlungstätigkeit der Klägerin zustande gekommen sei, nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des vorgelegten Vermittlungsgutscheins abgeschlossen worden sei (Bescheid vom 26.09.2005). Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass es nicht darauf ankomme, an welchem Tag der Arbeitsvertrag abgeschlossen, sondern darauf, zu welchem Zeitpunkt die Vermittlungstätigkeit aufgenommen worden sei, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005).

Mit der am 14.11.2005 erhobenen Klage hat die Klä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge