Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Neufeststellung der Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen im Schwerbehindertenrecht
Orientierungssatz
1. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB 10 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
2. Eine wesentliche Änderung liegt im Schwerbehindertenrecht vor, wenn geänderte gesundheitliche Verhältnisse einen um 10 v. H. höheren oder niedrigeren GdB begründen.
3. Die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Veränderung i. S. des § 48 SGB 10 obliegt dem Träger der Versorgungsverwaltung. Dabei ist unbeachtlich, ob der ursprüngliche Verwaltungsakt in seiner Wertung richtig war. Will der Begünstigte entgegenhalten, dass trotz nachgewiesener Änderung der ursprüngliche Bescheid rechtswidrig war, so obliegt ihm insofern die Beweislast (BSG Urteil vom 6. 12. 1989, 9 RvS 3/89).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.02.2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung von (GdB) von 50 auf 30 und die Entziehung des Merkzeichens G.
Der 1963 geborene Kläger ist von Beruf Postzusteller. Er betrieb in der Vergangenheit Freizeitsport insbesondere in Form von Laufen und Fußball. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erlitt er am 17.08. und 01.10.2012 Arbeitsunfälle, bei denen er sich eine Knieverwindung links (ohne nachfolgende Arbeitsunfähigkeit - 1. Unfall) bzw. ein Überstreckungstrauma des linken Kniegelenks mit Verdacht auf Innenmeniskusläsion (mit nachfolgender Arbeitsunfähigkeit - 2. Unfall) zuzog. Am 23.10.2012 wurde eine diagnostische Arthroskopie links mit Innenmeniskusteilresektion durchgeführt. Nach sukzessivem Belastungsaufbau nahm der Kläger seine Berufstätigkeit im Januar 2013 wieder auf.
In der Folgezeit traten bei ihm zunehmend Beschwerden im rechten oberen Sprunggelenk (OSG) auf, wegen denen er sich zwischen Februar und Juli 2013 in Behandlung verschiedener Ärzte und medizinischer Einrichtungen begab. In einem Bericht des Orthopäden Dr. L vom 17.04.2013 wurde der Verdacht auf eine Talusnekrose geäußert. In der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E diagnostizierte man am 22.05.2013 eine Belastungsinsuffizienz des rechten Sprunggelenks bei posttraumatischer Sprunggelenksarthrose. Bildmorphologisch zeigte sich ein tendenziell rückläufiges Talusödem bei fortgeschrittener Arthrose am rechten OSG. Man empfahl dem Kläger eine gelenkerhaltende Operation mit anschließender Schuhversorgung, die er dort am 08.07.2013 auch durchführen ließ.
Bereits am 17.06.2013 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Feststellung eines GdB, weiterer gesundheitlicher Merkmale und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.
Der Beklagte stellte darauf bei dem Kläger für die Zeit ab Antragstellung einen GdB von 50 sowie die Voraussetzungen des Merkzeichens G fest (Bescheid vom 31.07.2013). Dabei ging er von einer Bewegungsminderung des OSG rechts bei Verschleiß und Überlastung nach operiertem Kniegelenkschaden links sowie einem Fersensporn beidseits aus. Weiter wurde unter dem Punkt "Ausweis" ausgeführt, der Schwerbehindertenausweis werde bis zum 31.07.2014 befristet, da dann überprüft werde, ob sich die maßgeblichen Voraussetzungen geändert haben.
Der Einschätzung des Beklagten lagen von ihm eingeholte Befundberichte des Dr. L vom 02.07.2013 und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T vom 01.07.2013 zu Grunde, wobei dem Bericht des Dr. L diverse weitere Befundberichte und medizinische Unterlagen beigefügt waren. Daraus ergab sich, dass der Kläger nach zwei Arbeitsunfällen unter Einschränkungen am linken Knie und am rechten OSG litt (Komplexer Innenmeniskushornschaden, sowie Knorpelaufbrüche medial Femurkondylose nach Hyperextension, Trauma sowie Zerrung und Einblutung vorderes Kreuzband linkes Knie bei Zustand nach Kniengelenkdistorision links mit Arthroskopie linkes Kniegelenk; Belastungsinsuffizienz rechte untere Extremität bei Knochenmarködem rechter Talus und Arthrose rechtes OSG, Arthrose Tarsometatarsalgelenk des zweiten Strahls, plantarer Fersensporn rechts).
Aus den Unterlagen und den auf dem Antragsformular vermerkten Angaben des Klägers ging ferner hervor, dass er sich in der Zeit von März 2013 bis Juli 2013 aufgrund starker Schmerzen, einer Arthrose und einer Osteonekrose im OSG ausschließlich an Gehstützen fortbewegen konnte sowie eine konsequente Hochlagerung und Entlastung des rechten Fußes erforderlich war.
In dem Operationsbericht (vom 10.07.2013) zu dem am 08.07.2013 vorgenommenen Eingriff, der dem Beklagten bei seiner Entscheidung noch nicht bekannt war, wurde mitgeteilt, dass eine diagnostische Arthroskopie des rechten OSG, eine partielle Synovektomie mit Entfernung der einschlagenden Schleimhautfalten und eine Abt...