Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Ehefrau. Nichtmitarbeit. Nur-Forstwirt. Versicherungspflicht. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die nicht im Forstbetrieb ihres Ehegatten mitarbeitende Ehefrau eines Nur-Forstwirts ist in der Alterssicherung der Landwirte gemäß § 1 Abs 3 ALG versicherungspflichtig. Dies verletzt nicht Art 6 Abs 1 GG (vgl BSG vom 12.2.1998 - B 10/4 LW 9/96 R = BSGE 81, 294 = SozR 3-5868 § 1 Nr 1 und vom 25.11.1998 - B 10 LW 10/97 R = BSGE 83, 145 = SozR 3-5868 § 1 Nr 2).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin in der Landwirtschaftlichen Alterssicherung versicherungspflichtig ist.
Die am ... 19 ... geborene Klägerin ist Ehefrau eines Rechtsanwalts. Ihr Ehemann hat zugleich einen forstwirtschaftlichen Betrieb von 81,0534 ha Wald.
Seit dem 01.09.1975 ist die Klägerin in der Rechtsanwaltssozietät, in der auch ihr Ehemann tätig ist, abhängig beschäftigt. Nach dem schriftlichen Anstellungsvertrag vom 01.09.1975 erhält sie neben ihrem Bruttomonatsgehalt ein 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld, ferner ein Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen i.H.v. 624,-- DM jährlich. 1997 betrug ihr Bruttojahreseinkommen aus abhängiger Beschäftigung 9.164,-- DM, 1998 betrug es 9.304,-- DM. Vom 01.01. bis 30.04.1999 bezog sie monatliches Bruttoentgelt von 630,-- DM, ab dem 01.05.1999 von 745,-- DM. Auch 1999 wurden die zusätzlichen Leistungen erbracht.
Mit Schreiben vom 24.03.1999 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über das Bestehen ihrer Versicherungspflicht. Falls nicht innerhalb von vier Wochen ein Befreiungsantrag eingehe, werde sie zur Beitragszahlung herangezogen.
Am 29.03.1999 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezugs regelmäßigen Arbeitsentgelts.
Mit Bescheid vom 29.06.1999 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 1 Abs. 3 ALG fest. Mit Bescheid vom 09.08.1999 befreite sie die Klägerin für die Zeit vom 01.10.1997 bis 31.12.1998 sowie ab dem 01.05.1999 von der Versicherungspflicht. Die hiergegen gerichteten Widersprüche wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2000 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.02.2000 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe keinerlei Beziehung zur Landwirtschaft. Ihr Ehemann habe die Forstwirtschaft von seinem Vater geerbt. Er selbst erledige darin keine Aufgaben; vielmehr werde die Forstwirtschaft durch eine Forstbetriebsgemeinschaft verwaltet. Forstarbeiten würden durch Vergabe von Werkverträgen an Unternehmer erledigt, die von Beamten der Forstverwaltung überwacht würden. Unter diesen Voraussetzungen verstoße ihre Heranziehung zu Beiträgen gegen Art. 6 GG. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei insoweit nicht zu folgen. Selbst wenn sie jedoch für die Verhältnisse der Landwirtschaft zuträfe, sei sie auf die Forstwirtschaft nicht übertragbar. Denn Forstwirtschaft sei für eine Mitarbeit von Ehefrauen ungeeignet. Zudem wohne die Mehrzahl der Forstwirte mit Forstgütern von einer die Beitragspflicht auslösenden Mindestgröße in Städten, so dass schon deshalb eine Mitarbeit ihrer Ehefrauen ausscheide. Das BSG habe über forstwirtschaftliche Betriebe auch nicht entschieden. Eine typisierende Gleichstellung von land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen sei nicht möglich. Im Übrigen könne sie, die Klägerin, keine Anwartschaften auf Leitungen der Landwirtschaftlichen Alterssicherung erwerben; sie sei zum Zeitpunkt ihres ersten Pflichtbeitrags im Jahre 1999 schon über 50 Jahre alt gewesen und könne daher die 15-jährige Wartezeit nicht mehr erfüllen. Sie habe auch keinen Einfluss auf eine Abgabe der Forstwirtschaft durch ihren Ehemann. Dessen Vater habe das Unternehmen bis zu seinem 92. Lebensjahr behalten. Da eine Abgabe aber Voraussetzung für den Bezug der Altersrente sei, ließen sich etwaige Anwartschaften für sie nicht mit hinreichender Sicherheit realisieren. Anders als bei der Landwirtschaft mache es im übrigen auch strukturpolitisch keinen Sinn, für Forstwirte entsprechende Anreize zur Abgabe ihres Unternehmens zu schaffen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 29.06.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2000 aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 09.08.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2000 zu verurteilen, sie auch für die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 30.04.1999 von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Versicherungspflicht der Klägerin als Forstwirtin für gesetzlich und verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Auch eine Befreiung entsprechend dem Hilfsantrag komme nicht in Betracht. Denn hierfür müsse regelmäßiges Arbeitsentgelt oberhalb der Bezugsgröße (§ 8 SGB IV; mtl. 630,-- DM) erzielt werden.
Das Sozialgericht hat bei der Bayerischen Landesanstalt für Ernährung, München, angefragt, ob im Rahmen einer (später vom BSG herangezogenen)...