nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsklage. Verschuldenskosten
Leitsatz (redaktionell)
Wird eine Untätigkeitsklage nach Erlass des Bescheides, dessen materielle Wirksamkeit Gegenstand eines anderen Klageverfahrens ist, weiter betrieben, liegt eine Missbräuchlikeit der Rechtsverfolgung im Sinne des § 192 Abs. 1 SGG vor.
Normenkette
SGG § 192 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Köln (Entscheidung vom 27.11.2002; Aktenzeichen S 3 RJ 112/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.11.2002 wird zurückgewiesen. Die vor dem Berufungsgericht erhobene Feststellungsklage wird als unzulässig abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Verschuldenskosten i. S. v. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz i. H. v. 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger führt eine Untätigkeitsklage gegen die Beklagte.
Im Verfahren L 1 AL 3/01 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) stritt der Kläger mit der Bundesanstalt für Arbeit über eine Rückzahlung. Daneben wandte er sich gegen eine Einbehaltung aus nachzuzahlendem Übergangsgeld i.H.v. 20.860,40 DM durch die jetzige Beklagte zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit. Im Berufungsverfahren erläuterte ihm der Vorsitzende des ersten Senats hierzu, wegen des letzteren Streitpunktes handele es sich im Rahmen des Verfahrens gegen die Bundesanstalt für Arbeit um eine unzulässige Klageänderung. Der Kläger könne jedoch insofern einen Überprüfungsantrag bei der Landesversicherungsanstalt stellen.
Der Kläger beantragte daraufhin in jenem Verfahren sogleich am 19.09.2001 zu Protokoll des Landessozialgerichts bei der jetzigen Beklagten, "die Rechtmäßigkeit der Einbehaltung eines Betrages von 20.860,40 DM aus der Nachzahlung des Übergangsgeldes für die Zeit vom 01.04.1990 bis 22.11.1991 zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit festzustellen, den einbehaltenen Betrag an ihn auszuzahlen und die bisher unterbliebene rentenrechtliche Anrechnung dieser Zeitspanne zu überprüfen." Das damalige Berufungsverfahren L 1 AL 3/01 sah er als erledigt an.
Am 26.03.2002 hat der Bruder des Klägers, B T, "Untätigkeitsklage" beim Verwaltungsgericht Köln mit der Begründung erhoben, trotz mehrmaliger Erinnerungen durch das LSG sei die Beklagte dem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung von 20.860,40 DM nicht nachgekommen. Er hat in Kopie ein Schreiben an die Beklagte vom 28.11.2001 vorgelegt, in dem er darauf aufmerksam machte, bislang noch nichts von der Beklagten gehört zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 23.04.2002 zuständigkeitshalber den Rechtsstreit an das Sozialgericht Köln verwiesen.
Der Bruder des Klägers hat mit Schriftsatz vom 04.06.2002 eine Prozessvollmacht des Klägers wegen der "Untätigkeitsklage E T - LVA Rheinprovinz" vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte solle dem Gericht bescheinigen, ob, wann und wer die 20.860,20 DM überwiesen und erhalten hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bereits am 28.03.2002 den im Verfahren L 1 AL 3/01 beantragten Überprüfungsbescheid erlassen. Darin hat sie ausgeführt, der Überprüfungsantrag sei nicht begründet. Zum einen bestehe von Vornherein dann kein Überprüfungsanspruch, wenn die Rücknahme des Verwaltungsaktes keine Auswirkungen mehr haben könne, wenn - wie hier - die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelaufen sei. Zum anderen sei dem Kläger bereits mit Bescheid vom 03.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1996 mitgeteilt worden, dass das Arbeitsamt Bergisch Gladbach einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X habe, der i.H.v. 20.860,40 DM befriedigt worden sei. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides sei durch Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.06.1998 (S 3 RJ 134/96) sowie im nachfolgenden Berufungsverfahren L 3 RJ 156/98 mit Urteil des LSG vom 21.01.2000 rechtskräftig bestätigt worden. Auch sei im Petitionsverfahren über das Landesversicherungsamt Nordrhein-Westfalen bereits eine Überprüfung vorgenommen worden. Die rentenrechtliche Anrechnung der Zeit vom 01.04.1990 bis 22.11.1991 sei zu Recht unterblieben. § 75 Sechstes Buch Sozialgesetzbauch (SGB VI) bestimme den Endzeitpunkt für die Ermittlung von Entgeltpunkten; bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werde auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung abgestellt (§ 75 Abs. 2 SGB VI). Für Beitrags- und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der Erwerbsminderung liegen, würden somit Entgeltpunkte für den entsprechenden Leistungsfall nicht mehr ermittelt. Im Falle des Klägers sei die Erwerbsminderung (Berufsunfähigkeit) am 08.03.1990 eingetreten; bei der erstmaligen Rentenberechnung hätten somit nur bis zum 31.03.1990 Entgeltpunkte ermittelt werden können. Diese Regelung gelte auch bei der Berechnung der Rente nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO); es hätten auch hier nur die b...