Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermächtigung. Krankenhausarzt. vertragsärztliche Versorgung. Bedarfsermittlung. Bedarfsplan. Zulassungsgremien. Beurteilungsspielraum. Einschränkung auf Überweisung. Berufsfreiheit

 

Orientierungssatz

1. Bei der Ermittlung des Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht, der Prüfung also, ob im jeweiligen Fachgebiet eine ausreichende Anzahl von Ärzten für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, können die Angaben des Bedarfsplans zugrundegelegt werden (vgl ua BSG vom 12.10.1994 - 6 RKa 45/93 = USK 94138).

2. Ob die Zulassungsgremien allein auf Zulassungssperren abstellen und / oder darüber hinaus konkret-individuelle Tatsachenfeststellungen trifft, unterliegt grundsätzlich ihrem Beurteilungsspielraum und wird ua einerseits durch das Vorbringen der Beteiligten und andererseits durch das Gebot der Gleichförmigkeit des Verwaltungshandelns bestimmt.

3. Besonderen Bedarfssituationen, die sich aufgrund der regionalen Struktur eines Planungsbereiches ergeben, kann durch eine sachgemäße Ausübung des Beurteilungsspielraumes bei der Prüfung des Bedarfs Rechnung getragen werden (vgl ua BSG vom 22.6.1994 - 6 RKa 46/93 = SozR 3-2500 § 116 Nr 10).

4. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es rechtlich zulässig sein, die Inanspruchnahme des ermächtigten Krankenhausarztes von der Überweisung durch einen Vertragsarzt desselben Fachgebietes abhängig zu machen (vgl BSG vom 22.6.1994 - 6 RKa 21/92 = SozR 3-2500 § 116 Nr 6).

5. Es unterfällt nicht dem Schutzbereich des Art 12 GG, wenn einem Krankenhausarzt die begehrte Ermächtigung nur eingeschränkt erteilt wird.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Ermächtigung des Klägers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Der Kläger ist Arzt für Kinderheilkunde und als Chefarzt der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin am Kreiskrankenhaus M  tätig. Mit Beschluß vom 08.12.1994 erneuerte der Zulassungsausschuß für Vertragsärzte K die bis Ende 1994 befristete Ermächtigung wie folgt:

1.      Auf Überweisung von Kinderärzten:

a)

die Durchführung besonderer Untersuchungen- und Behandlungsmethoden, begrenzt auf:

1.

Früherkennungsmaßnahmen bei Kindern und Leistungen nach den Ziffern 950, 951, 952 und 955 EBM,

b)

Konsiliaruntersuchung unter Berücksichtigung der ambulant erhobenen und mitgegebenen Befunde,

c)

Mitbehandlung auf Zuweisung von Kinderärzten bei speziellen Krankheitsbildern:

1.

Mukoviszidose,

2.

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus,

3.

Asthma,

4.

Rheumatischer Formkreis,

5.

Krampfleiden.

2.      Auf Überweisung von allen Vertragsärzten:

a)

die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, begrenzt auf:

1.

EEG bei Kindern,

2.

Internistische Sonographie

3.      Sonographie der Hüfte und des Schädels bei Kindern,

4.      Labor: Schweißdrüsentest.

Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Einschränkung auf Überweisung von Kinderärzten bei Früherkennungsmaßnahmen, Konsiliaruntersuchungen und diagnostischen Maßnahmen (Ziffern 1a bis 1c).

Durch Beschluß vom 26.04.1995 faßte der Beklagte den Ermächtigungskatalog zu Ziffer 1 neu:

Auf Überweisung von Vertragsärzten:

a)      die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,

begrenzt auf:

Früherkennungsmaßnahmen bei Kindern und Leistungen nach den Ziffern 950, 951, 952 und 955 EBM.

Auf Überweisung von Kinderärzten:

b)      Konsiliaruntersuchung unter Berücksichtigung der ambulant erhobenen

und mitgegebenen Befunde,

c)      Mitbehandlung auf Zuweisung von Kinderärzten bei speziellen

Krankheitsbildern:

1.

Mukoviszidose,

2.

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus,

3.

Asthma,

4.

Rheumatischer Formkreis,

5.

Krampfleiden

Im übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe zu Recht beanstandet, daß ihm die Durchführung von Früherkennungsmaßnahmen und der genannten Leistungen ausschließlich auf Überweisung von Kinderärzten zugestanden worden sei, denn hierbei komme es darauf an, die Untersuchungsinanspruchnahme nicht zu behindern; auch habe sich ein entsprechender Patientenkreis gebildet. Im übrigen sei eine Ermächtigung auf Überweisung von allen Vertragsärzten nicht erforderlich, um eine Versorgungslücke zu schließen. Ein leitender Krankenhausarzt sei nur dann an der kassenärztlichen Versorgung zu beteiligen, wenn die niedergelassenen Ärzte dies nicht in gebotenem Umfang sicherstellen könnten. Zu berücksichtigen sei dabei auch, daß die drei im südlichen Kreisgebiet zugelassenen Kinderärzte und eine weitere kinderärztlich tätige Ärztin mit nur 700 Fällen/Quartal bei weitem nicht ausgelastet seien und auch insoweit eine Versorgungslücke nicht feststellbar sei. Eine solche bestehe erst dann, wenn und soweit diese Kinderärzte mit ihren Möglichkeiten am Ende seien. Das sei nicht der Fall.

Mit der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger vorgetragen: Er bestreite die Behauptung des Beklagten, die Kinderärzte seien nicht ausgelastet. Der Beklagte hätte die Versorgungssituation der angrenzenden Planungsbereiche in seine Abwägung einbeziehen müsse...

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