Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Einkommensanrechnung. tarifvertragliche Überbrückungsbeihilfe. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Mit den in § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (F: 1997-03-24) bezeichneten bundes- und landesrechtlichen Vorschriften sind nur formelle, durch Parlamente erlassene Gesetze gemeint. Nicht erfaßt sind Leistungen (hier: Überbrückungsbeihilfe), die aufgrund eines Tarifvertrages (hier: Tarifvertrag vom 31.8.1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - TASS) erbracht werden.
2. Die gemäß § 2 TASS gewährte Überbrückungsbeihilfe kann auch nicht gemäß § 138 Abs 3 Nr 6 AFG bei der Einkommensanrechnung unberücksichtigt bleiben.
3. § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der Fassung vom 24.3.1997 und die Stichtagsregelung des § 242x Abs 7 AFG sind nicht verfassungswidrig.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 13.12.1997.
Der ....1943 geborene Kläger war bis zum 31.12.1993 bei den Stationierungskräften in S beschäftigt. Er bezog anschließend Arbeitslosengeld bis zu dessen Erschöpfung am 28.02.1996. Hieran schloß sich der Bezug von Anschlußarbeitslosenhilfe (A-Alhi) ab 29.02.1996 an. Gleichzeitig zahlte der frühere Arbeitgeber dem Kläger aus Anlaß des Ausscheidens aus der Beschäftigung eine Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag vom 31.08.1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TASS). Die Beklagte rechnete dieses Einkommen zunächst nicht auf die Alhi an, da diese Leistung nach den Bestimmungen des TASS bei der Bemessung der Überbrückungsbeihilfe berücksichtigt worden war (Nettoüberbrückungsbeihilfe für August 1997= 1203,73 DM).
Anläßlich der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) mit Wirkung ab 01.04.1997 durch das Arbeitsförderungsreformgesetz -- AFRG -- vom 24.03.1997 (BGBl I S 594) erließ die Beklagte am 10.12.1997 einen Bescheid, mit dem sie mit Wirkung ab 11.12.1997 die Alhi von zuletzt 330,60 DM wöchentlich unter Anrechnung der Überbrückungsbeihilfe (277,73 DM wöchentlich) kürzte und dem Kläger lediglich einen Betrag von 52,86 DM wöchentlich überwies. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid am 18.12.1997 Widerspruch und war der Auffassung, daß die Überbrückungsbeihilfe bei der Bemessung der Alhi nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Gemäß § 4 TASS werde sie zusätzlich zur Arbeitslosenhilfe gewährt. Der Tarifvertrag enthalte keine Anrechnungsvorschrift. Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 22.01.1998 für den neuen Bewilligungsabschnitt vom 01.01. bis 31.12.1998 ebenfalls unter Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe Alhi in Höhe von 54,11 DM wöchentlich. Sie wies sodann mit Bescheid vom 05.02.1998 den Widerspruch zurück. Sie war der Meinung, Überbrückungsbeihilfe werde auf tarifvertraglicher Rechtsgrundlage gezahlt, nicht aber aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung. Die Überbrückungsbeihilfe sei daher gemäß § 138 Abs 3 Nr 4 AFG nF auf die zu zahlende Alhi anzurechnen (zugestellt am 10.02.1998).
Hiergegen richtet sich die am 16.02.1998 erhobene Klage. Der Kläger hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Überbrückungsbeihilfe sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Deren Rechtsgrundlage sei der Tarifvertrag vom 31.08.1971, der einem Bundesgesetz gleichzustellen sei, zumal eine der Tarifvertragsparteien die Bundesrepublik Deutschland sei. Er habe zudem darauf vertraut, daß er über die Überbrückungsbeihilfe durchgehend während seiner Arbeitslosigkeit, insbesondere auch während des Bezugs der Alhi, in vollem Umfang hätte verfügen können. Der erfolgte Eingriff sei daher verfassungswidrig.
Mit dem Dynamisierungsbescheid vom 28.07.1998 hat die Beklagte den wöchentlichen Alhi-Leistungssatz auf 48,30 DM herabgesetzt, ohne den Anrechnungsbetrag (277,73 DM wöchentlich) zu ändern. Durch Bescheid vom 12.01.1999 hat sie den Anrechnungsbetrag ab 01.01.1999 auf 293,58 DM erhöht. Die übrigen Berechnungsgrundlagen sind unverändert geblieben. Wegen der Berechnung der Alhi im einzelnen wird auf die Zahlungsnachweise der Beklagten vom 17. und 29.12.1997, 28.07.1998 und 23.12.1998 sowie auf die Bewilligungsverfügung vom 12.01.1999 Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.1998 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Überbrückungsbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für Rechtens gehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.01.1999 abgewiesen. Es hat sich zur Begründung auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides bezogen.
Gegen das am 01.03.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.03.1999 eingelegte Berufung des Klägers. Er verbleibt zu deren Begründung bei seiner Auffassung, die tarifvertragliche Regelung sei e...