Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachlich-rechnerische Richtigstellung einer vertragsärztlichen Honorarabrechnung wegen fehlerhafter bzw. fehlender Dokumentation

 

Orientierungssatz

1. Hat der Vertragsarzt die von ihm abgerechneten Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht, so ist er nach § 106a Abs. 2 S. 1 SGB 5 i. V. m. § 50 Abs. 1 S. 1 SGB 10 zur Erstattung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gegenüber verpflichtet.

2. § 87 Abs. 2d S. 1 SGB 5 ermächtigt den Bewertungsausschuss, zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung bestimmter Vorgaben zu knüpfen. Dazu gehören neben den vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätsmaßnahmen die gegenüber der KV zu erfüllenden Dokumentationspflichten.

3. Zur Abrechnung von ärztlichen Leistungen nach den GOP 31102, 31503 und 31609 EBM gehört eine histologische Untersuchung des entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes. Hierbei handelt es sich um eine nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Berufsausübungsregelung.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens im erstinstanzlichen Rechtszug tragen die Klägerin im Umfang von 5/7 und die Beklagte im Umfang von 2/7. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer nachgehenden sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarabrechnungen der Klägerin für die Abrechnungsquartale I/2011 bis IV/2014.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) dreier Fachärzte für Urologie, die in X zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen waren. In den Quartalen I/2011 bis IV/2014 vergütete die Beklagte auf Grundlage zuvor abgegebener Sammelabrechnungen der Klägerin vertragsärztliche Leistungen, wobei sie in den Honorarabrechnungen - neben im vorliegenden Verfahren nicht streitigen ärztlichen Leistungen - u.a. folgende Gebührenordnungspositionen (GOP) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) berücksichtigte:

GOP

I/2011

II/2011

III/2011

IV/2011

I/2012

II/2012

III/2012

IV/2012

31102 F

51

43

37

40

30

35

39

31

31102 G

4

4

8

2

5

3

4

31503 G

4

2

7

6

5

3

5

6

31609 G

48

38

41

41

31

36

44

36

GOP

I/2013

II/2013

III/2013

IV/2013

I/2014

II/2014

III/2014

IV/2014

31102 F

46

39

55

39

52

53

53

49

31102 G

0

0

1

1

0

0

3

1

31503 G

5

3

4

5

5

5

4

1

31609 G

42

41

47

37

53

54

47

44

Im Rahmen einer von Amts wegen durchgeführten Plausibilitätsprüfung (§ 106a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ≪SGB ≫ a.F.) äußerte die Beklagte im Februar 2014 Zweifel an der Richtigkeit der Honorarabrechnungen der Klägerin und bat diese, Patientenunterlagen (Karteikarten/Computerausdrucke, Operationsberichte, histologische Befundberichte, Bilder und Befunddokumentationen) für namentlich bezeichnete 42 Patienten vorzulegen. Auf den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 24. Februar 2014 nebst Anlagen wird verwiesen.

Die Klägerin reichte daraufhin unter dem 19. März 2014 anforderungsgemäß diverse Dokumente (Karteikartenausdrucke, Arztbriefe an den überweisenden Arzt) über die benannten 42 Behandlungsfälle zur Akte. Auf den Inhalt der Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Als Ergebnis der Abrechnungsprüfung hob die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2015 die für die Quartale I/2011 bis IV/2014 bekanntgegebenen Honorarabrechnungsbescheide in Höhe des festgestellten Honoraranspruchs von insgesamt 138.748,77 EUR teilweise auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. In keinem der geprüften 42 Behandlungsfälle seien der nach der GOP 31102 EBM (Dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A2) erforderliche histologische Befund und/oder eine Bilddokumentation vorgelegt worden. Die eingereichten Dokumentationen bestünden lediglich aus Karteikartenauszügen und Arztbriefen. Aus diesem Grund seien die in den geprüften Abrechnungsquartalen nach der GOP 31102 EBM abgerechneten Leistungen vollständig gestrichen und zugunsten der GOP 02302 EBM (kleinchirurgischer Eingriff III und/oder primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern) korrigiert worden. Auch die Voraussetzungen für eine Berechnung der Leistungen nach der GOP 31503 EBM (Postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung einer Leistung entsprechend u.a. der GOP 31102 EBM) und der GOP 31609 EBM (Postoperative Behandlung nach der die Erbringung einer Leistung entsprechend u.a. der GOP 31102 EBM) seien nicht erfüllt. Bei dem sachlich fehlerhaften Ansatz der GOP handele es sich nicht um ein lediglich leichtes Versehen; vielmehr seien Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen worden, die der Klägerin bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten bekannt sein müssen. Aufgrund der getroffenen Feststellungen seien die Abrechnung nachträglich zu berichtigen, das Honorar neu festzusetzen und der Differenzbetrag zurü...

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