Verfahrensgang
SG Detmold (Gerichtsbescheid vom 15.02.1999; Aktenzeichen S 19 P 47/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 15.02.1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Pflegegeld und Aufwendungsersatz für die Zeit vom 01.11.1997 bis 13.06.2000 in Höhe von 30 v.H. der Vertragsleistung.
Die Klägerin (geboren … 1917) ist bei der Beklagten auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegeversicherung (Teil I und II, Stand 2.97) pflegepflichtversichert. Sie leidet im Wesentlichen an degenerativen Veränderungen des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates, Fettleibigkeit, an einer chronischen Schwindelneigung auf Grund zentraler Durchblutungsstörungen sowie an Herzschwäche mit belastungsabhängiger Luftnot und Blasenschwäche mit tropfweisem Urinabgang.
Am 19.11.1997 stellte sie einen Antrag auf Pflegegeld. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Facharzt für Innere Medizin A., Dieser bejahte einen Hilfebedarf beim Waschen, beim An- und Auskleiden sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Gutachten vom 02.01.1998). Zum zeitlichen Umfang der jeweiligen Hilfestellungen enthält das Gutachten keinerlei Angaben. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe 1 verneinte der Gutachter. Nachdem sich die Klägerin gegen die Leistungsablehnung wandte, beauftragte die Beklagte die Medicproof-GmbH mit der Erstellung eines Obergutachtens. Der Arzt für Allgemeinmedizin/Betriebsmedizin Dr. J. nahm einen täglichen grundpflegerischen Hilfebedarf von 23 Minuten an (Gutachten vom 03.06.1998). Die Beklagte lehnte die Zahlung von Pflegegeld ab.
Mit der hiergegen – fristgerecht – gerichteten Klage hat die Klägerin vorgetragen, der durchschnittliche tägliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage 75 Minuten. Die von der Beklagten eingeholten Gutachten seien unzutreffend. Eine Untersuchung habe nicht stattgefunden. Die Gutachter hätten lediglich Fragen gestellt und anschließend die Antworten falsch ausgelegt. Zum Beispiel sei nicht erkannt worden, dass vor der Haustür acht Stufen zu überwinden seien. Seit dem 16.03.1998 erbringe das Deutsche Rote Kreuz auf Grund eines Pflegevertrags ambulante Pflegemaßnahmen. Die Kosten würden von der Stadt B. übernommen. Daraus folge, dass ein erheblicher Umfang an Pflege notwendig sei.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von Pflegegeld der Stufe 1 für die Zeit vom 01.11.1997 bis zum 15.03.1998 sowie zur Erstattung der Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe nach der Stufe 1 ab dem 16.03.1998 zu verurteilen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für Leistungen nach der Stufe 1 lägen nicht vor. Hierzu hat sie sich die von ihr eingeholten Gutachten der Ärzte A. und J. bezogen.
Das Sozialgericht (SG) hat Beweis erhoben und hierzu ein Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin St. eingeholt. Der Sachverständige hat für den Zeitpunkt der Begutachtung (17.10.1998) als Hilfebedarf für grundpflegerische Verrichtungen 73 Minuten/tägl. angenommen, nämlich Körperpflege ca. 45 Minuten, Ernährung 7 Minuten, und Mobilität ca. 21 Minuten. Den Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung hat er mit ca. 60 Minuten beziffert. Der Pflegebedarf habe sich infolge der progredient-chronischen Gesundheitsstörungen seit dem 24.09.1997 erhöht. Ein exakter Zeitpunkt sei nicht bestimmbar. Seinerzeit habe kein Hilfebedarf beim Aufstehen, Gehen, Stehen und nur ein fallweiser Hilfebedarf beim Kämmen, Zähneputzen und der Nahrungszubereitung bestanden. Der durchschnittliche Grundpflegeanteil habe seinerzeit ca. 56 Minuten und der Hilfebedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung unverändert ca. 60 Minuten betragen.
Das SG hat die Beteiligten angehört. Durch Gerichtsbescheid vom 15.02.1999 hat es die Beklagte sodann verurteilt, der Klägerin Pflegegeld nach Stufe 1 für die Zeit vom 01.11.1997 bis zum 15.03.1998 zu zahlen und ab dem 16.03.1998 Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe nach der Stufe 1 zu erstatten. Die Klägerin benötige durchschnittlich ca. 73 Minuten Hilfe im Bereich der Grundpflege. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe sich der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf ca. 56 Minuten belaufen. Die von der Beklagten gegen das Gutachten des Sachverständigen St. erhobenen Einwendungen seien unsubstantiiert. Das treffe insbesondere auf die monierten Zeitwerte für das Waschen zu. Die vom Sachverständigen angenommenen Zeitwerte würden an der untersten Grenze bzw. sogar erheblich unterhalb der in den Richtlinien festgelegten Zeitwerte liegen. Der Sachverständige habe insoweit berücksichtigt, dass die Klägerin sich teilweise noch selbstständig waschen könne. Mit einem Körpergewicht von über 80 kg sowie einer sehr eingeschränkten Beweglic...