Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Verwertung eines selbstgenutzten Hausgrundstücks bei der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Ein selbstgenutztes Eigenheim von angemessener Größe ist nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB 2 nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Bei unangemessener Größe ist nach S. 1 Nr. 6 zu prüfen, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
2. Bei einer marktgängigen Immobilie ist grundsätzlich von einer Verwertbarkeit innerhalb von sechs Monaten auszugehen.
3. Hat der Antragsteller zu Leistungen des SGB 2 über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren keine ausreichenden Verwertungsbemühungen unternommen, so ist das Eigenheim als verwertbares Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB 2 zu berücksichtigen.
4. Die Wohnflächenbegrenzung für eine Person beträgt 90 qm, für vier Personen 130 qm.
5. Für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände erforderlich, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06.06.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Zuschuss statt als Darlehn für den Monat Juni 2016.
Der am 00.00.1960 geborene Kläger hat das von ihm bewohnte Reihenendhaus in T, S 00, mit einer Gesamtwohnfläche von 167,42 m² im Jahr 2014 von seiner Mutter lastenfrei geerbt. Inzwischen sind zugunsten des Beklagten mehrere Sicherungen im Grundbuch eingetragen. Das Erdgeschoss und die erste Etage mit insgesamt 136,65 m² bewohnt der Kläger selbst und alleine. Das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von 30,77 m² war zunächst für monatlich 200 EUR vermietet, eine auch im Eigentum des Klägers stehende Garage war für monatlich 25 EUR vermietet. Im streitigen Zeitraum war beides nicht mehr vermietet.
Erstmals im Mai 2014 beantragte der Kläger nach seinem Umzug aus C, wo er bereits zuvor seit Jahren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen hatte, wegen des Umzugs in das von seiner verstorbenen Mutter geerbte Haus Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten.
Der Kläger füllte im Rahmen seiner Antragstellung beim Beklagten am 04.07.2014 einen Informationsbogen zur Wertaussage über das Hausgrundstück aus, in der er selbst die Ausstattung mit drei (entspricht der Wertung "gehoben" gemäß Anlage zum Informationsbogen, Erläuterung zum Standard bis 2014) und die Optik mit sieben (entspricht der Wertung "gut" entsprechend dem oben genannten Informationsbogen) angab. Er wies darauf hin, dass die Fenster und die Balkontür erneuert worden seien, im Keller jedoch Feuchtigkeitsschäden bestünden und sowohl Balkon als auch die Terrassenmauer sanierungsbedürftig seien. In der Auskunft gab der Kläger selbst die Wohnfläche mit 178,33 m² an. Die Grundstücksgröße gab der Kläger in seinem Antrag vom 28.05.2014 mit 659 m² an.
Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis M und in der Stadt C erstellte am 08.08.2014 eine überschlägige Wertauskunft. Diese Wertermittlung beruhte auf den vom Kläger mitgeteilten Angaben. Aus dem Bericht geht hervor, dass diese Angaben im Rahmen eines Ortstermins am 07.08.2014 auf Plausibilität geprüft werden sollten. Es sei Zugang gewährt worden, jedoch habe die Gutachterin aufgrund des Verhaltens des Klägers im Verlauf des Termins die Innenbesichtigung abgebrochen. Nicht plausible und/oder fehlende Angaben seien auf der Basis der bis dahin möglichen Feststellungen wie nach äußerem Eindruck eingeschätzt und ergänzend angepasst worden. Aus der Auskunft geht hervor, dass ein überschlägiger Verkehrswert von 160.000 EUR festgestellt worden ist. Nach den Angaben des Klägers im Verhandlungstermin vom 22.02.2018 ist im Jahr 2008 der Versicherungswert des Hauses in einem Versicherungsgutachten auf 180.000-190.000 Euro festgestellt worden.
Nachdem der Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig Leistungen gewährt hatte, stellte der Kläger am 22.08.2014 einen Antrag auf darlehnsweise Leistungen beim Beklagten. Ab dem 01.09.2014 gewährte der Beklagte dem Kläger darlehnsweise Leistungen nach dem SGB II. Auf die Weiterbewilligungsanträge des Klägers gewährte der Beklagte in der Folge durchgehend weiterhin darlehnsweise Leistungen bis zum 31.03.2017. Die Darlehensbewilligungsbescheide erfolgten jeweils unter der Auflage, dass der Kläger innerhalb bestimmter Frist an seinem Hausgrundstück zu Gunsten des Beklagten eine brieflose Grundschuld in Höhe der jeweils gewährten Leistungen bestellt und dem Beklagten die entsprechenden Nachweise innerhalb der bestimmten Frist vorlege. Die Gewährung der Leistungen erfolgte jeweils nach § 9...