Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. zahnprothetische Versorgung. Röntgen. Hand. Ziffer Ä 928 BEMA

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach Sinn und Zweck der Anlage 6 BMV-Z sind der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) nur die kieferorthopädischen Tätigkeiten entzogen, die Gegenstand der Entscheidung der Krankenkasse, also Teil der vorweggenommenen Wirtschaftlichkeitsprüfung waren. Handaufnahmen (Ä 928 BMA) sind als vorbereitende Maßnahme nicht Bestandteil des genehmigungsfähigen kiefernorthopädischen Behandlungsplans und demzufolge der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzuführen.

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Essen vom 22.10.2014 - L 11 KA 21/11, das vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

SGB V § 106 Abs. 1, 2 S. 1, § 12 Abs. 1, § 87 Abs. 1a Sätze 3, 6, §§ 29, 28 Abs. 2 S. 6; SGB V Anlage 6; BMV-Z § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 2-3

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.02.2011 abgeändert. Der Beschluss des Beklagten vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über die Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle betreffend Quartal I/2005 - IV/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für Röntgenaufnahmen der Hand - Ziffer Ä 928 des Bewertungsmaßstabes zahnärztlicher Leistungen (BEMA) - aufgrund der Genehmigung kieferorthopädischer Behandlungspläne durch die Krankenkasse ausgeschlossen ist.

Der Beigeladene zu 7) ist als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit dem Praxissitz in P zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen I/2005 bis IV/2005 überschritten seine Abrechnungswerte bei der Ziffer Ä 928 BEMA die maßgeblichen Durchschnittswerte um 650,0 % bis 914,3 %. Er führte zwischen 4,8 und 7,1 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen durch, während der Durchschnittswert im Bereich der Beigeladenen zu 1) in diesem Zeitraum zwischen 0,6 und 0,8 Handaufnahmen pro 100 Behandlungsfällen lag.

Die Klägerin beantragte am 28.11.2007 "für die gesetzlichen Krankenkassen in Westfalen-Lippe" die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung des Beigeladenen zu 7) hinsichtlich der nach der Ziffer Ä 928 BEMA abgerechneten Leistungen. In seiner Stellungnahme wies der Beigeladene zu 7) u. a. darauf hin, dass die beanstandeten Leistungen von den Krankenkassen genehmigt worden seien und daher nicht geprüft werden dürften.

Mit Beschluss vom 16.07.2008 entschied die Prüfungsstelle bei der Beigeladenen zu 1), dass das Verfahren ohne Maßnahme beendet werde. Die beanstandeten Leistungen unterlägen wegen der Genehmigung des Behandlungsplans nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle legte die Klägerin Beschwerde ein und verwies zur Zulässigkeit der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.09.1993 - 14a Rka 9/92 -, nach dem es sich bei der im Rahmen der Aufstellung des Behandlungsplans vorgenommenen Schätzung angesichts der u.U. jahrelangen Dauer kieferorthopädischer Behandlungen nur um Annäherungswerte handeln könne, die nicht mehr als eine Plausibilitätsprüfung zulasse, und der Umfang der kieferorthopädischen Behandlung unter Beachtung des Grundsatzes der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht auf den im genehmigten Behandlungsplan genannten Betrag begrenzt sei. Zudem könne nach dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17.02.1993 - L 11 Ka 98/91 - die Beachtung des gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebots bei Ausführung der Behandlung keinesfalls vertraglich ausgeschlossen werden. Es sei ihr im Übrigen nicht bekannt, wann die beanstandeten Leistungen erbracht worden seien. Sollte dies jeweils vor der Aufstellung des Behandlungsplans der Fall gewesen sein, stelle sich die Frage, ob diese überhaupt Bestandteil der Kostenzusage gewesen seien.

Der Beklagte wies die Beschwerde mit Beschluss vom 25.11.2009 (Bescheid vom 10.02.2010) zurück. Gemäß § 2 Abs. 3 der Vereinbarung zum Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen (Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärtze (BMV-Z)) bzw. § 9 Abs. 4 des Ersatzkassenvertrags-Zahnärzte (EKV-Z) unterlägen genehmigte Behandlungen grundsätzlich nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die nach der Rechtsprechung erforderlichen zwingenden Bedingungen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigter Leistungen seien im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt. Es lägen keine Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Rahmen vor.

Mit ihrer am 11.03.2010 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Die beanstandeten Leistungen seien nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen. Diese sei dann möglich, wenn im Prüfantrag konkrete Unwirtschaftlichkeitsmerkmale benannt würden. Die erhebliche...

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