Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. betriebliche Altersversorgung. Kapitalauszahlung. Versorgungsbezug. Beitragsbemessung ohne Berücksichtigung des Freibetrags gemäß § 226 Abs 2 S 2 SGB 5. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Freibetragsregelung des § 226 Abs 2 S 2 SGB 5 greift nicht für die Personengruppe der freiwillig versicherten Betriebsrentner.

2. Die unterschiedliche Behandlung versicherungspflichtiger und freiwillig versicherter Empfänger betrieblicher Versorgungsbezüge hinsichtlich der Freibetragsregelung verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.11.2023; Aktenzeichen B 2 U 96/23 B)

BSG (Beschluss vom 04.10.2023; Aktenzeichen B 12 KR 7/23 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 20.04.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.

Der Kläger war ursprünglich bei einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung beschäftigt und übte sodann eine selbständige Tätigkeit aus. Während dieser Zeit war er privat krankenversichert. Anschließend kehrte er in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der ehemaligen Arbeitgeberin zurück und ist seither Mitglied der beklagten O. bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Z.. Er ist Rentner und seit dem 01.09.2015 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er bezieht eine Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie betriebliche Versorgungsbezüge der V..

Mit Bescheid vom 22.01.2020 berechnete die Beklagte - auch im Namen der Pflegekasse - die Beitragszahlung zur Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2020 neu, da sich die Höhe des Versorgungsbezuges des Klägers geändert hatte. Bei der Beitragsberechnung berücksichtigte die Beklagte neben dem Zahlbetrag der Rente (2.174,80 EUR) den dem Kläger monatlich zufließenden laufenden Versorgungsbezug der V. in Höhe von 557,57 EUR sowie einen weiteren kapitalisierten, dem Kläger im Jahr 2013 zugeflossenen Versorgungsbezug, ebenfalls der V., mit einem Betrag in Höhe von 74,82 EUR monatlich. Auf dieser Grundlage setzte die Beklagte den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung (einschließlich Zusatzbeitrag) auf 440,28 EUR fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Bei der Beitragsberechnung für Januar 2020 habe die Beklagte den Freibetrag für Betriebsrenten nicht berücksichtigt. Er bitte um eine Neuberechnung.

Mit Schreiben an den Kläger vom 19.02.2020 erläuterte die Beklagte, dass die Verbeitragung der Versorgungsbezüge und die Heranziehung des Freibetrages im "Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge" (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz - GKV-BRG) neu geregelt worden sei. In dem Gesetz werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nur Anwendung auf versicherungspflichtige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung finde. Da der Kläger die Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfülle, sei er seit dem 01.09.2015 freiwilliges Mitglied. Dementsprechend finde die Freibetragsregelung des GKV-BRG bei ihm keine Anwendung.

Der Kläger teilte der Beklagten daraufhin mit, dass er seinen Widerspruch aufrecht erhalte. Es sei nicht einzusehen, dass das GKV-BRG nicht auch für freiwillige Mitglieder der GKV gelten solle. Das sei höchst ungerecht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder werde einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtige, § 240 Abs. 1 SGB V. Der mit dem GKV-BRG eingeführte Freibetrag zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung werde bei der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung - wie die bisherige Freigrenze auch - nicht für anwendbar erklärt, er gelte nur für pflichtversicherte Mitglieder. In der freiwilligen Krankenversicherung gelte weiterhin der Grundsatz, dass die Beitragsbelastung bzw. Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen habe. Der Kläger sei als Rentenbezieher freiwillig versichert, da er die Vorversicherungszeit für die Pflichtversicherung in der KVdR nicht erfülle. Grundlage der Beitragsbemessung seien seine monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen bestehend aus der gesetzlichen Rente sowie den Versorgungsbezügen in Höhe von insgesamt 2.734,67 EUR. Diese seien nach § 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V vollständig zur Beitragsbemessung heranzuziehen.

Hiergegen hat der Kläger am 05.05.2020 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben. Er f...

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