Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Altersmehrbedarfs für einen 65-jährigen Hilfebedürftigen mit dem Merkzeichen "G"

 

Orientierungssatz

1. Bei dem nach § 30 Abs. 1 SGB 12 festzusetzenden Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" darf ein vom Sozialhilfeträger zur Kürzung der Leistung berechtigender geringerer Bedarf nur dann berücksichtigt werden, wenn ein Bedarfsteil bereits durch eine andere Leistung tatsächlich und konkret gedeckt ist. Der Leistungsträger ist infolgedessen gehalten, eine solche konkrete Überschneidung der gegenübergestellten Bedarfe darzulegen und zu beweisen, wenn er den Mehrbedarf des Hilfebedürftigen kürzen will.

2. Eine abstrakte Darstellung der sich überschneidenden Bedarfe genügt nicht, um eine auf den Einzelfall bezogene Überschneidung betragsgenau zu begründen.

3. Bei der Angemessenheitsprüfung der Heizkosten ist ein konkret-individueller Maßstab anzulegen. Die Prüfung hat getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Die tatsächlich anfallenden Kosten sind als angemessen anzusehen, soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes Heizen indiziert.

4. Liegt für den maßgeblichen Wohnort ein kommunaler Heizkostenspiegel nicht vor, so ist auf den bundesweiten Heizkostenspiegel zurückzugreifen.

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 02.07.2010 (S 47 SO 19/09) wird geändert. Die Beklagte zu 1) wird unter Abänderung der Bescheide vom 14.08.2008 und 28.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung eines ungekürzten Mehrbedarfszuschlages nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Soweit sich die Klage auch gegen den Beklagten zu 2) richtet, wird diese als unzulässig abgewiesen.

Die Beklagte zu 1) trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu 1/5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich dagegen, dass vor dem Hintergrund der unbefristeten Bewilligung einer Haushaltshilfe sein aus Sozialhilfemitteln gewährter Mehrbedarf wegen Alters um 19,66 Euro gekürzt wurde und anstelle des von ihm begehrten Abschlages für Heizkosten von 167,78 Euro nur 74,74 Euro bewilligt wurden.

Mit den angefochtene Bescheiden vom 14.08.2008 und 28.08.2008 bewilligte die Beklagte zu 1) dem zu diesem Zeitpunkt bereits langjährig im laufenden Sozialhilfebezug stehenden Kläger für die Zeit von Juli 2008 bis Juni 2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Höhe von 477,79 Euro, wovon aufgrund von Abtretungen 151,67 Euro zur Auszahlung gelangten. Dabei legte die Beklagte zu 1) ihrer Berechnung zugrunde, dass der dem Kläger bewilligte Mehrbedarf wegen Alters im Hinblick auf eine in anderen Bescheiden bewilligte Haushaltshilfe um 1/3 zu kürzen sei und der Kläger nur einen Anspruch auf monatliche Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 74,74 Euro habe.

In von dem Kläger ebenfalls angegriffenen Bescheiden vom 14.08.2007 und 16.10.2007 hatte die Beklagte zu 1) dem Kläger unbefristet die Kostenübernahme einer Haushaltshilfe bewilligt, aber auch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass der dem Kläger bisher gewährte Mehrbedarf wegen Alters gemäß § 30 SGB XII um ein Drittel zu kürzen sei. Zur Begründung verwies der Beklagte zu 2) auf Urteile des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) NW vom 20.03.1991, 8 A 2093/88 = FEVS 42, 13 und 14.10.1991, 24 A 2230/98 = FEVS 42, 152 sowie darauf, dass der Kläger in einem gleichgelagerten Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg mit dem Aktenzeichen 14 K 943/03 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die dortige Klage zurückgenommen habe.

Gegen sämtliche o.g. Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er darauf hinwies, dass ihm nach Kürzung des Mehrbedarfes wegen Alters um 19,66 Euro insoweit nunmehr nur noch 39,33 Euro verblieben. Angesichts seiner zahlreichen Gesundheitsstörungen würde seine Wohnung zu einer "asozialen Müllhalde" verkommen, wenn ihm nicht auch der Betrag von 19,66 Euro monatlich weiter gewährt würde. Zudem stehe ihm ein Anspruch auf die Erstattung höherer Vorauszahlungen für Heizkosten zu.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2009 wies der Beklagte zu 2) den Widerspruch gegen die Bescheide vom 14.08.2008 und 28.08.2008 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 28.01.2009 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben, zu deren Begründung er sinngemäß vorgetragen hat, aufgrund seiner zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen sei es geboten, ihm den Altersmehrbedarf weiterhin ungekürzt auszuzahlen. Zudem ergebe sich aus den gesetzlichen Vorschriften auch ein Anspruch auf höhere Heizkostenvorauszahlungen.

Der Kläger hat beantragt,

die B...

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