Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der dem Hilfebedürftigen zu gewährenden Haushalts- und Einkaufshilfe

 

Orientierungssatz

1. Der sozialhilferechtliche Aktualitätsgrundsatz verbietet grundsätzlich die Gewährung von Sozialhilfe für die Vergangenheit. Eine Ausnahme davon ist bei einem Überprüfungsantrag nach § 44 SGB 10 dann geboten, wenn Leistungen rechtswidrig abgelehnt worden sind und der Hilfebedürftige seinen Bedarf in der Folgezeit im Wege der Selbsthilfe, etwa unter Rückgriff auf Schonvermögen oder durch Aufnahme von Schulden oder durch Hilfe Dritter gedeckt hat.

2. Der Umfang der dem Hilfebedürftigen zu gewährenden Leistungen für Haushalts- und Einkaufshilfe nach § 27 Abs. 3 SGB 12 bzw. § 70 SGB 12 bemisst sich nach denjenigen Verrichtungen, die er gesundheitsbedingt nicht selbst wahrnehmen kann. Der Sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes ist eine zur Bewertung geeignete Dienststelle.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 30.09.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf weitere Leistungen aus Mitteln der Sozialhilfe in Gestalt der Kostenübernahme für zusätzliche Stunden der Haushaltshilfe und Einkaufshilfe hat.

Der seinerzeit im laufenden Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) bei der Beklagten zu 1) stehende Kläger erhielt u.a. auch Leistungen für eine Einkaufshilfe und eine Haushaltshilfe, wobei diese Leistungen zunächst im Umfang von 4 1/2 Stunden wöchentlich gewährt wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.09.2009 bewilligte die Beklagte zu 1) dem Kläger nach Inaugenscheinnahme der Wohnung durch das Gesundheitsamt für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.07.2010 Leistungen für eine Einkaufshilfe für den Besuch von wöchentlich zwei Lebensmittelmärkten an einem Tag mit einem Stundenumfang von 1,5 Stunden. Ferner wurden dem Kläger Leistungen für eine Haushaltshilfe mit einem Stundenumfang von 3 Stunden wöchentlich gewährt. Zusätzlich erhielt der Kläger Leistungen für eine Haushaltshilfe für die Grundreinigung der Wohnung mit einem Stundenumfang von insgesamt 20 Stunden jährlich, verteilt auf vier Einsätze pro Jahr.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 03.09.2009 mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Haushaltshilfe mit 3 Stunden wöchentlich nicht ausreichend sei, um die notwendigsten Arbeiten im Haushalt durchzuführen. Er benötige eine Haushaltshilfe für 5 Stunden und eine Einkaufshilfe für 2 Stunden wöchentlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2009 wies der Beklagte zu 2) den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf die Feststellungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes des Beklagten zu 2).

Hiergegen hat der Kläger am 21.12.2009 Klage bei dem Sozialgericht Dortmund erhoben, zu deren Begründung er sinngemäß vorgetragen hat, der geltend gemachte Anspruch stünde ihm zu.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 zu verurteilen, die Kosten einer Haushaltshilfe für 5 Stunden und einer Einkaufshilfe für 2 Stunden wöchentlich zu übernehmen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.09.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Sozialgericht habe ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden können, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Die Beteiligten seien zuvor angehört worden.

Die Klage sei zulässig, aber unbegründet, weil der Kläger durch den angefochtenen Bescheid nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert werde. Einen Anspruch auf ergänzende Sozialhilfeleistungen habe der Kläger schon deshalb nicht, weil sich seine Bedürftigkeit im streitbefangenen Zeitraum nicht feststellen lasse.

Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen könne oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalte. Der hierin zum Ausdruck kommende Nachrangigkeitsgrundsatz bezüglich der Sozialhilfe werde durch die Regelung des § 19 Abs. 2 SGB XII dahingehend konkretisiert, dass Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den besonderen Voraussetzungen des Vierten Kapitels des SGB XII nur an solche Personen zu leisten seien, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen könnten.

Zwingende Voraussetzung für die begehrten Leistungen sei daher zunächst, dass die...

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