Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten zum Rehabilitationssport. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Kostenübernahme für Fahrten zum Rehabilitationssport ergibt sich weder aus § 60 SGB 5 iVm den Krankentransport-Richtlinien noch aus den §§ 44 und 53 SGB 9.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Die Übernahme von Fahrkosten aus finanziellen Gründen gehört gerade nicht in den Leistungskatalog, den die GKV ihren Versicherten zu leisten hat (vgl BSG vom 26.9.2006 - B 1 KR 20/05 R = SozR 4-2500 § 60 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.12.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Fahrkosten zu erstatten, die ihm durch die Teilnahme an von der Beklagten geförderten Rehabilitationssport entstanden sind.
Die Beklagte bewilligte dem im Jahre 1963 geborenen und querschnittsgelähmten Kläger Rehabilitationssport. Zur Teilnahme an dem Rehabilitationssport der Behindertensportgemeinschaft C (BSG C) legte er im Jahre 2004 im eigenen Pkw 36 mal eine Wegstrecke von 40 km, insgesamt 1.440 km, zurück (Teilnahmebestätigungen vom 10.07.2004/02.01.2005).
Den im April 2005 gestellten Antrag des Klägers auf Übernahme der Fahrkosten im Zusammenhang mit diesem Rehabilitationssport lehnte die Beklagte mit den Bescheiden vom 21.04.2005 und 15.06.2005 ab. Eine Übernahme der Fahrkosten sei nicht mehr möglich, weil die Bestimmungen des § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V "eine ambulante Behandlung", also eine medizinische Maßnahme, voraussetzten. Rehabilitationssport sowie Funktionstraining seien keine ambulante Behandlung in diesem Sinne.
Der Kläger verwies mit seinem Widerspruch vom 30.06.2005 u.a. auf die Regelungen in der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) zu § 60 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Diese sähen in § 6 EinglHV vor, dass zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) auch ärztlich verordneter Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung gehöre. Die Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining beinhalte in Nr. 17.3 ausdrücklich, dass Fahrkosten und etwaige weitere im Zusammenhang mit der Durchführung des Rehabilitationssports bzw. Funktionstrainings stehende Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen erbracht würden. Unter Berücksichtigung der Rechtsansichten der Beklagten sei diese Vorschrift sinnentleert. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger mit einem am 12.09.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Detmold eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben und vorgetragen, die ergänzenden Leistungen des § 44 SGB IX seien als Leistungen der Krankenversicherung anzusehen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13.12.2006 (zugestellt am 10.01.2007) abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten für den im Jahre 2004 durchgeführten Rehabilitationssport. Ein solcher ergebe sich weder aus § 60 SGB V noch aus den §§ 44, 53 SGB IX. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit seiner Berufung vom 29.01.2007 macht der Kläger geltend, der Sinn und Zweck der Regelungen zum Rehabilitationssport bestehe darin, dass einem behinderten Menschen die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen nicht deshalb verwehrt bleibe, weil er die erforderlichen Fahrkosten nicht tragen könne. Hierfür spreche auch Nr. 17.3 der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport. Im Übrigen sehe § 60 Abs. 5 SGB V vor, dass im Zusammenhang mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Fahr- und andere Reisekosten nach § 53 SGB IX übernommen würden. Der Rehabilitationssport sei eine im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation stehende Maßnahme.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.12.2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 21.04.2005/15.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005 zu verurteilen, Fahrkosten für 36 Fahrten vom Wohnort bis zur Behindertensportgemeinschaft C entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten...