Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Fallzusammenfassung. abschließende Regelung durch § 2 KPFV 2004. Wirtschaftlichkeitsgebot. keine Verpflichtung zur Durchführung der finanziell günstigsten Art der Krankenhausbehandlung

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 2 der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 - Fallpauschalenverordnung 2004 (juris: KPFV 2004) = BGBl I 2003, 1995 regelt nicht etwa beispielhaft, sondern abschließend, in welchen Fällen eine Fallzusammenfassung der Falldaten und Neueinstufung in eine Fallpauschale geboten ist. Eine erweiternde Auslegung scheidet aus.

2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für eine Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Krankenhausbehandlung zu wählen (vgl BSG vom 24.7.2003 - B 3 KR 28/02 R = SozR 4-5565 § 14 Nr 3 und LSG Saarbrücken vom 18.4.2012 - L 2 KR 127/09 = NZS 2012, 672).

 

Normenkette

SGB V § 109 Abs. 4 S. 3, § 69 S. 2, § 112 Abs. 2 Nr. 1, § 39 Abs. 1 S. 2, § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 S. 2; KPFV 2004 § 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, 4 S. 2; KHEntgG § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1, §§ 9, 11; KHG § 17b Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Sätze 2-3, Abs. 2 S. 1 Hs. 1, S. 2, Abs. 7; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.07.2014; Aktenzeichen B 1 KR 62/12 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 29.08.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.734,74 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von nach Diagnosis Related Groups (DRG) berechneten Krankenhausvergütungen.

Die bei der Klägerin pflichtversicherte T (Versicherte) wurde im November 2004 in zwei aufeinander folgenden Zeiträumen in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus vollstationär behandelt. Während des ersten Krankenhausaufenthaltes, der in der Zeit vom 05.11.2004 bis zum 15.11.2004 stattfand, erfolgte eine Behandlung eines akuten Herzinfarktes. Die Beklagte stellte der Klägerin hierfür Behandlungskosten nach der DRG F60B (Kreislauferkrankung mit akutem Myocardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik, ohne äußerst schwere oder schwere CC) in Höhe von 2.674,16 EUR in Rechnung.

Während des stationären Behandlungsaufenthaltes vom 22.11.2004 bis zum 24.11.2004 erfolgte eine Herzkathederuntersuchung. Hierfür machte die Beklagte eine Krankenhausvergütung nach der DRG F41B (Kreislauferkrankungen mit akutem Myocardinfarkt, mit invasiver kardiologischer Diagnostik, ohne äußerst schwere oder schwere CC) in Höhe von 2.465,62 EUR geltend, wobei sie einen Abschlag wegen Unterschreitung der Grenzverweildauer berücksichtigte.

Die Klägerin beglich die Rechnungen unter Vorbehalt in Höhe von 5.139,38 EUR und beauftragte anschließend den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung der Abrechnungen. In seinem Gutachten vom 06.07.2005 vertrat der MDK nach Auswertung eines beigezogenen Entlassungsberichts vom 04.01.2005 die Auffassung, dass beide Krankenhausaufenthalte zusammenzuführen seien. Die Anerkennung von zwei Behandlungsfällen mit jeweils eigener DRG würde - auch wenn formal die Voraussetzungen der Wiederaufnahmeregelung des § 2 der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (Fallpauschalenverordnung 2004 (KFPV 2004)) nicht erfüllt seien - an übergeordneten Punkten der gesetzlichen Vorschriften vorübergehen. Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) bildeten die DRG-Entgelte sämtliche Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall ab. Zudem hätten die Krankenhausträger darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibe. Letzteres sei jedoch im vorliegenden Fall geschehen. Aus medizinischer Sicht handele es sich eindeutig um einen Behandlungsfall, da die Abklärung im ersten Aufenthalt willkürlich unterbrochen und die Komplettierung der im ersten Aufenthalt schon indizierten Diagnostik lediglich in einem zweiten Aufenthalt durchgeführt worden sei. Durch die zwischenzeitliche Entlassung der Versicherten seien zwei virtuelle Fälle geschaffen worden. Aus der Fallpauschalenverordnung für das Jahr 2005 ergebe sich, das für die Abrechnung zweier DRG-Fallpauschalen der komplette Abschluss der ersten Behandlung, d.h. der Diagnostik und ggf. Therapie der zur Erstaufnahme führenden Erkrankung erforderlich sei. Sei die Behandlung noch nicht abgeschlossen, könne nur eine Beurlaubung, aber keine Entlassung erfolgen. Daher könne die Beklagte eine Krankenhausvergütung nur nach Zusammenführung der Falldaten und Neueinstufung in die DRG F41B mit einem Entgelt in Höhe von 3.405,04 EUR beanspruchen.

Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen forderte die Klägerin von der Beklagten einen Betrag in Höhe von 1.872,93 EUR zurück. Mit weiterem Schreiben vom 25.08.2005 mahnte sie die Zahlung dieses Betrages bis zum ...

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