Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistungen. Analogleistungen. Leistungsausschluss für Auszubildende. Vorliegen einer besonderen Härte. analoge Anwendung des § 7 Abs 5 S 1 SGB 2. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG in der bis zum 31.8.2019 geltenden Fassung waren auch bei Absolvierung einer mit Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III geförderten Berufsausbildung von (aufstockenden) Leistungen nach dem AsylbLG ausgeschlossen (Abweichung von LSG Celle-Bremen vom 13.2.2018 - L 8 AY 1/18 B ER = ZFSH/SGB 2018, 278).

 

Normenkette

AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 2016-08-06, Nr. 3 Fassung: 2016-08-06, Nr. 4 Fassung: 2016-08-06, § 1a Nr. 1 Fassung: 2016-08-06, § 2 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2016-08-06, S. 2 Nr. 1 Fassung: 2016-08-06, Nr. 2 Fassung: 2016-08-06, S. 3 Fassung: 2016-08-06, § 3 Fassung: 2016-08-06, § 7 Abs. 4 Fassung: 2016-08-06, § 9 Abs. 4 Fassung: 2016-08-06, Abs. 5 Fassung: 2016-08-06, § 11 Fassung: 2016-08-06; SGB III § 61 Abs. 2-3, § 62 Abs. 3, § 123 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 124 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 51 Fassung: 2013-04-20, § 56 Fassung: 2013-04-20, § 57 Abs. 1 Fassung: 2013-04-20, Abs. 2 Fassung: 2013-04-20, § 58 Fassung: 2013-04-20, § 122 Fassung: 2013-04-20; SGB XII § 22 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2011-12-20, S. 2 Fassung: 2011-12-20, Abs. 2 Fassung: 2011-12-20; SGB II § 7 Abs. 5-6; BSHG § 26; BAföG § 8; AufenthG §§ 18a, 25a, 25b, 60 Abs. 2 Sätze 1, 4; GG Art. 3 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1-2, §§ 56, 102 Abs. 1 S. 1, § 144 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 02.04.2019 geändert und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten lediglich noch über ergänzende Leistungen nach § 2 AsylbLG für das erste Jahr der Berufsausbildung des Klägers.

Der 1997 geborene Kläger besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit. Er ist am 05.06.2014 aus Afghanistan in die Bundesrepublik eingereist und wurde der Beklagten zugewiesen (Zuweisungsentscheidung der Bezirksregierung Arnsberg vom 09.07.2014). Sein Asylantrag vom 26.06.2014 wurde abgelehnt (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12.07.2016). Die dagegen erhobene Klage sowie der Antrag auf Zulassung der Berufung blieben erfolglos (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2017 - 9 K 8931/16.A; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.10.2017 - 13 A 1807/17.A). Seit dem 17.10.2017 verfügte der Kläger über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG, die nachfolgend wiederholt, zuletzt bis zum 31.08.2021, verlängert wurde. Auf den weiteren Inhalt der Duldung wird Bezug genommen.

Seit dem 15.07.2014 bezog der Kläger von der Beklagten Leistungen nach dem AsylbLG, zuletzt (seit dem 05.09.2015) nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung des SGB XII. Die Leistungen wurden jeweils monatlich, zuletzt durch Bescheid vom 20.07.2018 für den Kalendermonat August 2018, bewilligt.

Am 01.09.2018 nahm der Kläger eine dreijährige Ausbildung zum Hotelfachmann auf, für welche die Beklagte ihm gemäß §§ 56 ff. SGB III eine monatliche Berufsausbildungsbeihilfe i.H.v. 117 EUR bewilligte.

Seinen Antrag auf Weitergewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG für die Zeit seiner Berufsausbildung aus Juli 2018 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 10.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2018 ab. Der Kläger sei gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ab dem 01.09.2018 von Leistungen nach § 2 AsylbLG ausgeschlossen. Bei der von dem Kläger aufgenommenen Berufsausbildung zum Hotelfachmann handele es sich um eine förderfähige Berufsausbildung nach dem SGB III. Die Voraussetzungen für eine besondere Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII lägen nicht vor; denn der Kläger befinde sich noch am Beginn seiner Ausbildung. Zudem stehe ihm der Zugang zum Arbeitsmarkt auch ohne eine Ausbildung offen. Allein der Umstand, dass er die Ausbildung aus finanziellen Gründen möglicherweise abbrechen müsse, reiche für die Annahme einer Härte nicht aus.

Dagegen hat der Kläger am 20.08.2018 vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben. Er habe zumindest unter Härtefallgesichtspunkten i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG. Auszubildende, die dem Leistungsregime des SGB II unterfielen und eine grundsätzlich nach dem SGB III förderungsfähige Ausbildung absolvierten, könnten seit Änderung des § 7 Abs. 5 SGB II zum 01.08.2016 aufstockende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erhalten. Es stelle daher eine Ungleichbehandlung dar, wenn Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG bei Absolvierung einer solchen Ausbildung keine entsprechenden Leistungen erhielten. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung des § 7 Abs. 5 SGB II klargestellt, dass er an seinen früheren Motiven, durch Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt keine versteckte Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene zu wollen, nicht mehr festhalte und eine nachrang...

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