Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Rückforderung des Eingliederungszuschusses
Orientierungssatz
1. Nach § 92 Abs. 2 S. 1 SGB 3 ist der Eingliederungszuschuss teilweise zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder einer Nachbeschäftigungszeit beendet wird. Dies gilt u. a. dann nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen, S. 2 Nr. 1.
2. Bei Fehlen einer vorherigen einschlägigen Abmahnung ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen. Eine Ausnahme von der Rückforderungspflicht gemäß § 92 SGB 3 liegt damit nicht vor.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 8.3.2017 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses i.H.v. 2039,19 EUR.
Am 29.6.2015 schloss die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit Herrn C als Pflegehelfer für die Zeit vom 1.7.2015 bis 30.6.2016. Mit Bescheid vom 17.7.2015 bewilligte der Beklagte einen Eingliederungszuschuss i.H.v. 733,64 EUR monatlich. Bereits im zweiten Absatz des Bescheides heißt es: "Die Bewilligung eines Zuschusses wird mit Auflagen verbunden. Die Auflagen und weitere wichtige Hinweise finden Sie im Anschluss an die folgenden Erläuterungen zu den Einzelheiten der Förderung." Auf Seite 2 heißt es unter Verwendungszweck: "Der Eingliederungszuschuss wird als Zuschuss zum Arbeitsentgelt und zu den Sozialversicherungsbeiträgen, die Sie für Herrn C zu entrichten haben, geleistet. Wird er nicht für diesen Zweck verwendet, wird der Bewilligungsbescheid widerrufen und die Leistung zurückgefordert."
Der Arbeitnehmer C rauchte am 17.8.2015 während des Dienstes im Dienstzimmer; die einzige Kollegin, welche zu diesem Zeitpunkt ebenfalls im Dienst war, war auch dort. Als Folge waren die Patienten in der Wohngruppe unbeaufsichtigt. Die Klägerin trägt vor, es sei eine mündliche Abmahnung erfolgt; der Arbeitnehmer hat als Zeuge in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 27.1.2017 ausgesagt, für einen Wiederholungsfall sei eine schriftliche Abmahnung angedroht worden.
Am 13.11.2015 ist dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt worden. Er sei auf der Arbeit eingeschlafen. Der Arbeitnehmer hat ausgesagt, er sei mehrfach in einen Sekundenschlaf gefallen - er leide an Schlafapnoe. Eine Begründung enthielt das Kündigungsschreiben nicht. Der Arbeitnehmer erhob keine Kündigungsschutzklage.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 16.12.2015 mit, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Rückforderung des Eingliederungszuschusses prüfen zu müssen. Dazu wurde um Angaben zu den Umständen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und um Vorlage verschiedener Unterlagen gebeten. Die Klägerin machte zunächst keine Angaben zu den Gründen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Mit Bescheid vom 7.1.2016 widerrief der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 7.7.2015 für den Zeitraum vom 1.7. bis 13.11.2015 wegen eines Teilbetrags i.H.v. 1624,01 EUR, der erstattet verlangt wurde. Für die Zeit ab 14.11.2015 - dem Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vollständig auf. Für die Zeit vom 14.11.2015 bis 30.11.2015 wurde die Erstattungsforderung mit 415,18 EUR festgesetzt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer vor Ablauf der Nachbeschäftigungszeit ohne Begründung beendet.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 26.1.2016 Widerspruch ein. Da der Arbeitnehmer bei der Arbeit eingeschlafen und darüber hinaus bereits zuvor wegen der in dem Vorfall vom 17.8.2015 liegenden Verletzung der Aufsichtspflicht abgemahnt worden sei, habe sich die Klägerin zum Schutz der ihr anvertrauten Patienten gezwungen gesehen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Hierüber habe man den Arbeitnehmer bei der Aushändigung des Kündigungsschreibens informiert. Wegen des Einschlafens sei der Arbeitnehmer mündlich ermahnt worden. Eine Abmahnung sei nicht erfolgt, da eine solche wirkungslos gewesen wäre. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.4.2016 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 25.5.2016 bei dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, eine Rückforderung des Eingliederungszuschusses komme bereits dann nicht in Betracht, wenn sie aus verhaltensbedingten Gründen zur Kündigung berechtigt gewesen wäre - unabhängig davon, aus welchem Grund die Kündigung tatsächlich erfolgte. Hier sei eine verhaltensbedingte Kündigung berechtigt gewesen.
Das Sozialgericht hat - nach vorheriger Anhörung - die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8.3.2017 abgewiesen. Es hat den angegriffenen Bescheid für formell und materiell rechtmäßig gehalte...