Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Übernahme der Krankenbehandlung für nicht versicherte Sozialhilfeempfänger durch die Krankenkassen im gesetzlichen Auftrag. kein Anspruchsausschluss nach § 111 SGB 10
Orientierungssatz
Beim Aufwendungsersatz nach § 264 Abs 7 S 1 SGB 5 kommt kein Anspruchsausschluss nach § 111 SGB 10 in Betracht.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 11.07.2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.385,27 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Träger der Sozialhilfe den Ersatz weiterer Aufwendungen für die Gewährung von Leistungen zur Krankenbehandlung im Rahmen des § 264 Abs 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Klägerin erbringt ua für nicht krankenversicherte Personen, die von dem Beklagten Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalten, Leistungen zur Krankenbehandlung.
Mit Schreiben vom 29.04.2009 verlangte sie von dem Beklagten die Erstattung der Aufwendungen für das erste Quartal 2009. Hierbei berücksichtigte sie auch Leistungen zur Krankenbehandlung, die sie an verschiedene Empfänger von Sozialhilfe in dem Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2006 in Höhe von 1.168,86 Euro erbracht hatte. Zugleich beanspruchte sie einen Verwaltungskostenanteil in Höhe von 5 vom Hundert der abgerechneten Leistungsaufwendungen.
Unter dem 26.06.2009 erklärte der Beklagte, er werde von der vorgelegten Leistungsabrechnung einen Betrag von 1.227,31 Euro (Leistungsaufwendungen in Höhe von 1.168,86 Euro zzgl. eines hierauf entfallenden Verwaltungskostenanteils von 5 vom Hundert) in Abzug bringen. Zur Begründung berief er sich auf den - aus seiner Sicht jedenfalls analog anwendbaren - § 111 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit die Klägerin für einzelne Hilfeempfänger Leistungen zur Krankenhilfe in dem Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2006 erbrachten habe, unterlägen die insoweit abgerechneten Leistungen der Ausschlussfrist des § 111 SGB X. Dem Beklagten sei bewusst, dass die Leistungserbringung der Klägerin für die nach § 264 SGB V angemeldeten Hilfeempfänger im Rahmen eines gesetzliches Auftrags erfolge, weshalb gem § 93 SGB X auch die § 91 Abs 1 und 3 SGB X entsprechend Anwendung fänden. § 91 SGB X treffe jedoch keine Aussage, innerhalb welcher Frist der Erstattungsanspruch geltend zu machen sei, wann er verjähre oder, was bei zu Unrecht erfolgter Erstattung zu geschehen habe. Aufgrund der insoweit lückenhaften gesetzlichen Vorschriften seien die allgemeinen Regelungen der §§ 111 bis 113 SGB X analog anzuwenden, soweit nicht etwas anderes vereinbart worden sei.
Die Klägerin erwiderte hierzu mit Schreiben vom 03.07.2009, bei der Betreuung nach § 264 SGB V handele es sich um ein gesetzliches Auftragsverhältnis nach § 93 SGB X, auf das die Regelungen der §§ 102 ff SGB X keine Anwendung fänden. Die die auftragsweise Betreuung abschließend regelnde Bestimmung des § 264 SGB V enthalte weder Vorschriften zur Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs, noch sei dort eine Ausschlussfrist enthalten. Überhaupt stelle der Kostenersatzanspruch eines Trägers der Krankenversicherung gegenüber einem Träger der Sozialhilfe nach § 264 SGB V keinen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff SGB X dar.
Am 12.10.2009 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und zur Begründung ihren vorprozessual vertretenen Standpunkt vertieft. Bei der Erstattung von Aufwendungen, die im Rahmen eines Auftragsverhältnisses gem §§ 88 ff SGB X erbracht würden, komme eine ergänzende Anwendung der allgemeinen Erstattungsregelungen, insbesondere der §§ 107 ff SGB X nicht in Betracht. Das gesetzliche Auftragsverhältnis stelle ein Sonderrechtsverhältnis dar, welches in § 91 SGB X eine abschließende Regelung erfahren habe. Dieses folge aus der differenzierten Ausgestaltung des gesetzlichen Auftragsverhältnisses einerseits und den Erstattungsregelungen nach den §§ 102 ff SGB X andererseits. Weder § 264 SGB V, noch das ebenfalls in sich geschlossene Regelwerk der §§ 88 ff SGB X ließen für eine Anwendung der §§ 107 ff SGB X Raum. Hinsichtlich der Verjährung sei auf die insoweit abschließenden § 45 Abs 1 SGB I, §§ 25, 27 SGB IV und § 113 SGB X zu verweisen.
Da sie für eine Empfängerin von Leistungen der Sozialhilfe im zweiten Quartal 2009 im Mai 2006 entstandene Aufwendungen für Arzneimittel in Höhe von 157,96 Euro zzgl. 5 vom Hundert Verwaltungskosten gegenüber dem Beklagten abgerechnet und von diesem nicht erhalten habe, erweiterte die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.11.2010 die Klageforderung auf 1.385,27 Euro.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von 1.385,27 Euro zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, § 264 SGB V sei nicht abschließend, sondern gerade im Hinblick auf Ausschlussfristen lückenhaft. § 91 SGB X stelle keine abschließ...