Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme der Pauschgebühr durch Versicherten der privaten Pflegeversicherung
Orientierungssatz
Ein Versicherter, der nach vorangegangenem Mahnverfahren zur Zahlung rückständiger Beiträge verurteilt worden ist, ist nicht verpflichtet, die vom klagenden Versicherungsunternehmen zu entrichtende Gebühr gemäß § 184 Abs 1 zu übernehmen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin die von dieser nach § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entrichtende Pauschgebühr zu erstatten hat.
Der Beklagte war bei der Klägerin seit 01.01.2001 aufgrund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages pflegepflichtversichert. Mit Schreiben vom 18.04.2001 teilte er der Klägerin mit, dass er ab 01.02.2001 im Lohndienst stünde und die Versicherung nicht mehr benötige. Auf den Hinweis der Klägerin, dass ein Pflichtversicherungsnachweis vorgelegt werden müsse, reichte der Beklagte mit Schreiben vom 10.07.2001 eine Mitgliedsbescheinigung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland ein. Daraufhin beendete die Klägerin den Vertrag zum Ablauf des Monats Juli 2001. Da der Beklagte die Beiträge in Höhe von 105,87 DM monatlich lediglich bis Ende Februar 2001 zahlte, erwirkte die Klägerin am 09.11.2001 einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Stuttgart (...; Hauptforderung 529,37 DM; Kosten 27,00 DM). Dieser wurde dem Beklagten am 13.11.2001 zugestellt. Auf den Widerspruch des Beklagten vom 26.11.2001 hat das Amtsgericht das Verfahren am 12.03.2003 an das Sozialgericht (SG) Düsseldorf zur Durchführung des streitigen Verfahrens abgegeben.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 270,65 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz (DÜG = Art. 1 Euro-Einführungsgesetz vom 09.06.1998) seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen und ihm die Kosten des Mahnverfahrens auferlegt. Im Übrigen hat es die auf Erstattung der Pauschgebühr gerichtete Klage abgewiesen. Der in § 183 SGG für den dort genannten Personenkreis normierte Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit im Sozialgerichtsverfahren könne nicht dadurch umgangen werden, dass dem Beklagten die Pauschgebühr als notwendige Aufwendung gem. § 193 Abs. 1 und Abs. 2 SGG auferlegt werde. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Die Klägerin hat am 14.01.2003 im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Pauschgebührenproblematik Nichtzulassungsbeschwerde (NZB, Az.: L 6 B 1/03 P NZB) eingelegt und sich zur Begründung auf eine Vielzahl erstinstanzlicher Entscheidungen bezogen, in denen privaten Versicherungsträgern die Pauschgebühr zugesprochen worden sei. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 08.05.2003 zugelassen.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 24.01.2003 darauf hingewiesen, dass er mit dem am 31.12.2002 zugestellten Gerichtsbescheid nicht einverstanden sei. Er habe sich in Holland versichert und bleibe dort versichert. Die Anfrage des Senats, ob er Berufung oder Nichtzulassungsbeschwerde habe einlegen wollen, hat er nicht beantwortet. Der Senat hat die Eingabe des Beklagten als Nichtzulassungsbeschwerde gewertet (Az.: L 6 B 11/03 P NZB) und diese mit Beschluss vom 13.05.2003 zurückgewiesen. Die Beendigung des Versicherungsverhältnisses werfe in rechtlicher Hinsicht keine bisher ungeklärte Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die auf die NZB der Klägerin zugelassene Berufung bewirke nicht zugleich auch die Zulassung der Berufung des Beklagten.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der Pauschgebühren zustehe. Anspruchsgrundlage seien insoweit der Versicherungsvertrag in Verbindung mit § 8 Abs. 7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (MB/PPV 1996) bzw. die bürgerlich-rechtlichen Verzugsregeln. Für den Versicherungsnehmer sei in § 8 Abs. 7 MB/PPV 1996 klar erkennbar, dass er die Kosten auszugleichen habe, die der Klägerin durch die Betreibung ausstehender Forderungen entstünden. Soweit der 3. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in seiner Entscheidung vom 10.03.2003 (L 3 P 49/03) eine andere Auffassung vertrete, verkenne er den Sinnzusammenhang des § 8 Abs. 7 MB/PPV. Dem Anspruch würden auch nicht die kostenrechtlichen Bestimmungen des SGG entgegenstehen. Aus der Fassung des § 193 Abs. 1 S. 2 SGG in Verbindung mit § 184 Abs. 1 S. 3 SGG ergebe sich, dass dem Beklagten die Gerichtskosten und damit die Pauschgebühr auferlegt werden könnten. Werde die Pauschgebühr nicht dem Versicherten auferlegt, so sei die gerichtliche Durchsetzung von Beitragsforderungen bis zur Höhe des Pauschbetrages wirtschaftlich sinnlos, was wiederum zahlungsunwillige Versicherte begünstigen und einen Verstoß gegen den Justizgewährleistungsanspruch bedeuten würde. Im Übrigen bestehe ein Ungleichgewicht im Verhältnis der Durchsetzung der Beitragsansprüche von gesetzlichen Kassen einerseits und Unternehmen der privaten Pflegeversicherung andererseits. Auch könnten die -- im Verhältni...